Die Fachtagung für Vergütungsbeauftragte 2020 fand am 18. November 2020 als WebKonferenz statt. Die Agenda der Fachtagung für Vergütungsbeauftragte 2020 war wie gewohnt geprägt durch die hochkarätigen Referenten und die besondere Aktualität der Themen. Im Mittelpunkt standen die aktuellen Änderungen aus der Umsetzung des EU-Bankenpakets 2019 und ausgewählte Fragen der Praxisumsetzung.
Dr. Stefan Hirschmann (VÖB-Service GmbH, Geschäftsleitung) stellte bei seiner Eröffnung die besondere Bedeutung der Compensation Compliance für Banken heraus. Er erläuterte das modulare Schulungsangebot der Academy of Finance zur Vergütungs-Regulierung im Banking. Das exklusiv auf Vergütungsbeauftragte ausgerichtete Tagungsformat ist aus seiner Sicht am Markt gut etabliert und stellt ein Alleinstellungsmerkmal der Academy of Finance dar.
Aufsichtsrechtlicher Rahmen aus Sicht des VÖB
Die Neuerungen zu den Vergütungssystemen aus der nationalen Umsetzung der CRD V werden bis Ende 2020 in Kraft treten und damit von den Instituten ab 2021 anzuwenden sein. Dr. Hagen Christmann und Soo Maximilian Hahn (beide Verband öffentlicher Banken, Recht) verwiesen auf die Probleme in der Praxisumsetzung, die auch aus dem Zusammenhang mit ergänzenden EBA-Umsetzungsbestimmungen resultieren (z. B. Inkrafttreten des neuen EBA RTS zur Risk Taker-Ermittlung). Insbesondere die weitgehende Herausnahme der Förderinstitute sowie die Berücksichtigung weiterer Einzel-Vorschläge werden vom Verband als Erfolge bewertet.
Stand im EBA-Work Programme
Im Mittelpunkt des umfangreichen Arbeitsprogramms der European Banking Authority (EBA) stehen nach Bernd Rummel (European Banking Authority, Corporate Governance & Remuneration) insbesondere die Überarbeitung des EBA RTS zur Risk Taker Selektion sowie der Guidelines zur Angemessenheit der Vergütungssysteme. Während die Arbeiten am RTS bereits abgeschlossen sind und nur noch die Verabschiedung durch die EU Kommission ansteht, wird die Konsultation und Finalisierung der Guidelines voraussichtlich bis Mitte 2021 dauern. Parallel zur Überarbeitung der Vergütungsregelungen in der CRD wird eine separate Regulierung (auch zu den Vergütungssystemen) für kleine und mittlere Wertpapierfirmen bis Ende 2021 in Kraft gesetzt werden. Die betroffenen Unternehmen unterliegen danach nicht mehr wie bisher dem KWG und der InstitutsVergV.
Perspektive der Bundesbank zur CRD V-Umsetzung
Die nationale Umsetzung erfolgt zum Teil im Kreditwesengesetz und im Rahmen einer erneuten Novelle der InstitutsVergV. Karin Kliche (Deutsche Bundesbank, Bankenaufsichtsrecht und internationale Bankenaufsicht) erläuterte die Schwerpunkte der Neuerungen in der InstitutsVergV 4.0. Die Neuordnung der Proportionalität bringt auch für kleinere (nicht bedeutende ) Institute erstmals Risk Taker-Anforderungen. Die Risk Taker-Vergütung für die bedeutenden Institute wird punktuell verschärft. Die Anforderungen für die Umsetzung im Gruppenzusammenhang werden neu geordnet. Die InstitutsVergV 4.0 wird voraussichtlich Anfang 2021 in Kraft treten.
Nachhaltigkeitskriterien und Vergütung
Parallel zur CRD-Regulierung geraten die Vergütungssysteme der Geschäftsleiter und Mitarbeiter zunehmend auch in den Anwendungsbereich von neuen Vorgaben zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten. Dr. Andreas Gruber (Deutsche Kreditbank AG, Public Affairs & Nachhaltigkeit) erläuterte die Grundlagen dieses Regulierungszweigs und die Herangehensweise der DKB. Er machte dabei deutlichen Handlungsbedarf für die meisten Banken aus. Als besondere Herausforderungen sieht er die Verfügbarkeit geeigneter Daten zur Messung und Steuerung von ESG-Risiken und deren methodischer Verknüpfung mit den Vergütungslösungen der Banken.
Nachhaltigkeit und Vergütung in der LBBW
Im Markt sind bisher nur wenige Best-Practice-Ansätze zur Nachhaltigkeit in der Vergütung auszumachen. Michael Frölich (Landesbank Baden-Württemberg, Vergütungsbeauftragter) erläuterte den Zusammenhang von Nachhaltigkeitsstrategie und Vergütungspolitik in der LBBW. Bereits seit einigen Jahren – und unabhängig von den diskutierten regulatorischen Interventionen – beinhaltet die LBBW-Strategie Nachhaltigkeit als eine von mehreren strategischen Dimensionen. Der Nachhaltigkeits-Zusammenhang vom Gesamtbonusbudget bis zum Bonus des einzelnen Mitarbeiters wird über entsprechende Balance Scorecards verankert. Im Hinblick auf die festgestellten Grenzen bei der Verfügbarkeit von geeigneten ESG-Daten empfiehlt er eine sukzessive Herangehensweise und stufenweise Weiterentwicklung.
Vergütungsregulierung im Konzern der Deutsche Börse AG
Fernab der klassischen Geschäftsbanken sind auch weitere Unternehmen in der Finanzbranche von den bankbezogenen Vergütungsanforderungen betroffen. Beispiel hierfür sind einzelne Tochterunternehmen der Deutsche Börse AG, die selbst nicht unter die bankbezogenen Vergütungsvorgaben fällt. Diese Töchter fallen gleichwohl voll umfänglich unter die InstitutsVergV, sind sogar als bedeutend eingestuft und haben einen Vergütungsbeauftragten zu bestellen. Dr. Nepomuk Feser (Eurex Clearing AG, Vergütungsbeauftragter) erläuterte die Ausgestaltung der Vergütungsbeauftragten-Rolle in diesem so besonderen Unternehmenskontext und verwies auf die besonderen Herausforderungen im Corporate Governance-Zusammenhang. Als besonderen Erfolgsfaktor beschrieb er die ständige und moderierende Kommunikation durch den Vergütungsbeauftragten gegenüber den zahlreichen verschiedenen Stakeholdern.
New Pay im Corona-Stresstest
Das veränderte Marktumfeld und die Regulierung haben die Vergütungspraxis bei Banken geprägt. Dabei haben nach Werner Klein (compgovernance, Inhaber) immer noch mehr als 90% der Top Banken variable Vergütungskomponenten. Der New Pay im Banking hat die Vergütungsmodelle gegenüber früher zum Teil deutlich verändert. Diese Anpassungen tragen meistens dem hohen Umsetzungsaufwand der regulatorischen Vorgaben Rechnung. Die regulatorisch induzierten Bonussysteme, die über die letzten Jahre entstanden sind werden durch die Corona-Sondersituation erstmals in einen wirklichen Stresstest kommen. Dabei werden die aufgesetzten Governance-Regelungen ebenso helfen wie die strikte Bindung an finanzwirtschaftliche Voraussetzungen für die Auszahlung von erfolgsbezogenen Boni. Seine These ist: „Ein gutes Bonussystem bewährt sich insbesondere in der Krise“.
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