Die Aufsicht dreht weiter an der Vergütung für Finanzunternehmen. Nach einem Review der aktuellen Vergütungsanforderungen für Wertpapierinstitute empfehlen EBA und ESMA zusätzliche Erleichterungen für die Unternehmen dieses Sektors.
Mit den jetzt vorgelegten Empfehlungen kalibriert die EU-Aufsicht die bestehenden Vergütungsvorschriften zwischen den verschiedenen Kategorien von Wertpapierinstituten noch stärker und harmonisiert auch die Vorschriften zwischen Wertpapierinstituten und anderen Finanzunternehmen. Dafür gibt es zusätzliche Erleichterungen bei Kernelementen der bisherigen Regelungen. Betroffen sind sowohl Vorschriften zur Vergütungs-Governance wie auch Regelungen für die Ermittlung und Vergütung der als Risk Taker eingestuften Personen.
Die Umsetzung der vorgeschlagenen Erleichterungen erfolgt im Rahmen der anstehenden Überarbeitung der EU-rechtlichen Grundlagen für Wertpapierinstitute sowie der daran anschließenden Anpassung der bestehenden nationalen Regelwerke.
Eigener Vergütungsrahmen für Wertpapierinstitute
Gesetzgeber und Aufsicht hatten bereits früh sektorale Vergütungsvorschriften für Kreditinstitute und Kapitalverwaltungsgesellschaften geschaffen. Erst im letzten Schritt der Regulierungsagenda zu den Vergütungssystemen für Finanzunternehmen wurde auch ein besonderer Vergütungsrahmen für Wertpapierinstitute (WpI) umgesetzt. Damit werden die Besonderheiten von WpI im Hinblick auf ihr Geschäftsmodell, das Risikoprofil und die Unternehmensgröße auch in den Vergütungsvorgaben reflektiert.
Die EU-rechtlichen Grundlagen hierfür wurden im Rahmen der seit 2021 geltenden Bestimmungen der EU-Investment Firm Regulation (IFR) und der EU-Investment Firm Directive (IFD) gelegt. Damit wurden vor allem die zahlreichen kleinen und mittelgroßen WpI von den bis dahin anzuwendenden umfangreichen Vergütungsvorgaben für Kreditinstitute entlastet. Die nationale Umsetzung führt dazu, dass in Deutschland nur noch die größten WpI weiter den Vergütungsanforderungen von KWG und InstitutsVergV unterliegen. Für mittelgroße WpI gilt ein eigener Vergütungsrahmen mit teilweisen Erleichterungen gemäß Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG) und Wertpapierinstituts-Vergütungsverordnung (WpIVergV). Für kleine WpI finden dagegen nur noch die allgemeinen vergütungsbezogenen Anforderungen der MaComp (BT 8) Anwendung.
Review und Empfehlungen der EU-Aufsicht
Die unterschiedlichen Vergütungsregime für Kreditinstitute (CRR/CRD, KWG/InstitutsVergV), Kapitalverwaltungsgesellschaften (AIFMD/UCITS, KAGB) und Wertpapierinstitute (IFR/IFD, WpIG/WpIVergV) basieren auf den gleichen Grundprinzipien. Sie regeln jedoch aus ihrer jeweiligen Proportionalitätsperspektive gleiche Sachverhalte zum Teil unterschiedlich. Dadurch kommt es in der Umsetzungspraxis zu unerwünschten Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Regulierungsinseln. Das war den Aufsehern von Beginn an bewusst. Deshalb wurde in der EU-Investment Firm Directive von 2019 bereits ein entsprechender Überprüfungsvorbehalt verankert (Art. 60 IFR, Art. 66 IFD).
Die beiden EU-Aufsichtsbehörden EBA und ESMA haben am 15.10.2025 der EU-Kommission ihre Empfehlungen für zusätzliche Erleichterungen bei den Vergütungsanforderungen für WpI vorgelegt (EBA/Rep/2025/29 und ESMA35-24871704-2858 vom 15.10.2025). Damit sollen die bestehenden Vergütungsvorschriften zwischen den verschiedenen Kategorien von WpI noch stärker kalibriert werden und auch die Vorschriften zwischen Wertpapierinstituten und anderen Finanzunternehmen weiter angeglichen werden.
Geplante Erleichterungen im Einzelnen
Die vorgeschlagenen Erleichterungen bei den Vergütungsanforderungen für WpI betreffen einzelne Regelungen der EU-Investment Firm Directive (Art. 32 und 33 IFD), die der nationale Gesetzgeber bislang im WpIG und der WpIVergV umsetzt:
- Tochterunternehmen werden wie bisher in die gruppenweite Umsetzung der WpI-Vergütungsvorgaben einbezogen. Dies gilt künftig allerdings nicht mehr, sofern diese ihren Sitz in der EU oder einem Drittstaat haben und darüber an eigene sektorale Vergütungsanforderungen gebunden sind.
- Auf die Einrichtung eines Vergütungskontrollausschusses im Aufsichtsrat kann abhängig von der Größe des WpI verzichtet werden. Als Schwellenwert gilt künftig alleine die Höhe der Total Assets des WpI. Der Schwellenwert beträgt weiter 300 Mio. Euro. Die bisher zusätzlich vom WpI zu erfüllenden Voraussetzungen (WpI zählt nicht zu den Top 3-WpI im jeweiligen EU-Land, unterliegt nicht den einschlägigen Anforderungen an die Sanierungs- und Abwicklungsplanung, verfügt über bilanzielle und nicht-bilanzielle Handelsbuchtätigkeit von mehr als 150 Mio. Euro oder über Derivate-Geschäfte in Höhe von mehr als 100 Mio. Euro) entfallen.
- Bei der Ermittlung der Risk Taker bleibt die individuelle Gesamtvergütung weiter relevant. Allerdings wird das Kriterium „Remuneration Bracket“ im Katalog der einheitlichen Selektionskriterien gestrichen. Danach werden bisher alle Personen identifiziert, nur dadurch, dass ihre Gesamtvergütung den nach qualitativen Kriterien ermittelten Risk Takern entspricht.
- Ein Verzicht auf die aufgeschobene Auszahlung der variablen Vergütung von Risk Takern und die Gewährung eines Anteils in Instrumenten ist weiterhin bei entsprechenden instituts- oder personenbezogenen Voraussetzungen möglich:
- Institutsbezogen: Bis zur Höhe von 300 Mio. Euro Total Assets des WpI kann auf eine aufgeschobene Auszahlung und einen Instrumente-Anteil verzichtet werden. Auch hier entfallen zukünftig die zusätzlichen institutsbezogenen Voraussetzungen (vergleiche Anforderungen für Verzicht auf Einrichtung Vergütungskontrollausschuss).
- Personenbezogen: Bis zum Schwellenwert von 50.000 Euro kann weiter auf eine aufgeschobene Auszahlung und einen Instrumente-Anteil verzichtet werden. Die zulässige Relation zur Gesamtvergütung des Risk Takers beträgt künftig nicht mehr 1/4, sondern 1/3.
- Die zusätzlich zum Zurückbehaltungszeitraum geltende Sperrfrist für den Teil der variablen Vergütung geltende Sperrfrist (von mindestens 6 Monaten) entfällt.
- Die Offenlegung von Vergütungsangaben wird insgesamt vereinfacht und mit den Offenlegungsanforderungen zu den Vergütungssystemen für andere Finanzunternehmen harmonisiert.
Ausblick – wie geht es weiter?
Die EU-Kommission hätte eigentlich bereits bis Mitte 2024 ihre Vorschläge für die Überarbeitung der Investment Firm Regulation und der Investment Firm Directive vorlegen sollen. Durch die verspätete Berichterstattung der beiden Aufsichtsbehörden EBA und ESMA ist dieser Zeitplan längst obsolet geworden.
Damit ist derzeit die finale Umsetzung auf EU-Ebene ebenso unklar wie die zeitlich daran anschließenden Anpassungen durch den nationalen Gesetzgeber im WpIG und der WpIVergV.
Regulatorik-Knowhow bleibt erfolgskritisch
Die Breite und Tiefe der von den Regulatoren regelmäßig weiterentwickelten aufsichtsrechtlichen Vorgaben zur Angemessenheit der Vergütungssysteme in Finanzunternehmen erfordert einen zeitnahen Knowhow-Transfer für die Praktiker. Immer häufiger dient die Vergütungsregulierung auch als Anknüpfungspunkt für weitere Regulierungsthemen.
Wir beraten Sie gerne zu geeigneten Schulungs- und Tagungsangeboten zu den Neuerungen und beraten Sie gerne bei der Umsetzung. Haben Sie Fragen? Vereinbaren Sie einen unverbindlichen Telefontermin mit Werner Klein unter info@compgovernance.de.

