Die Fachtagung für Vergütungsbeauftragte 2021 fand am 9. November 2021 als WebKonferenz statt. Die Agenda war wie gewohnt geprägt durch die besondere Aktualität der Themen und die hochkarätigen Referenten. Im Mittelpunkt standen die Verschärfungen für das Aufgaben- und Anforderungsprofil des Vergütungsbeauftragten sowie ausgewählte Fragen der Praxisumsetzung von neuen aufsichtsrechtlichen Vorgaben für die Vergütungssysteme.
Dr. Stefan Hirschmann (VÖB-Academy of Finance) und Werner Klein (compgovernance) stellten bei ihrer Eröffnung die stark gestiegene Bedeutung der Compensation Compliance für Banken heraus. Hiermit einher gehen auch signifikante Costs of Compliance für die betroffenen Institute. Das exklusiv auf Vergütungsbeauftragte ausgerichtete Tagungsformat ist fester Bestandteil des modularen Seminarangebots der VÖB-Academy of Finance. Das Handlungsfeld „Erweiterte Vergütungs-Governance in Banken“ wird ab 2022 Inhalt eines neuen Seminar-Moduls.
Bankenvergütung im Spiegel der Öffentlichkeit
Aus der Perspektive der Öffentlichkeit verlief die Vergütungsregulierung im Bankensektor seit ihrem Beginn in 2007 in einer Wellenbewegung. Insgesamt sieben Phasen kennzeichnen aus Sicht von Dr. Bernd Neubacher (Börsen-Zeitung) die Entwicklung: Skandalisierung, Regulierung, Verärgerung, Forcierung, Detaillierung, Verwirrung und Deregulierung. Im Blick zurück sind es vor allem immer wieder Einzelfälle, die die kritische Sicht auf die branchentypische Bankenvergütung befeuern. Auch das öffentlichkeitswirksame Agieren der Bankenaufsicht trägt hierzu bei. Zudem scheint der Regulierungsansatz mehr auf Detailregelungen statt auf wesentliche Grundsätze ausgerichtet zu sein. Einzelfälle, in denen die Bonusgrößen und die nachhaltigen Bankergebnisse deutlich auseinanderfallen, erscheinen kritisch und erklärungsbedürftig. Die intendierte Risikovergütung für die Risk Taker läuft in der Praxis offensichtlich weitgehend ins Leere. Der tatsächliche @Risk-Vergütungsanteil ist oft nur sehr schmal oder sogar null.
Entwicklungstrends in der Aufsichtsratsarbeit
Die Anforderungen an die Aufsichtsgremien und ihre Ausschüsse (z. B. Vergütungskontrollausschuss) nehmen weiter zu. Treiber sind die externen Rahmenbedingungen und dabei insbesondere immer wieder neue Regulierungswellen. Aus Sicht von Prof. Dr. Peter Ruhwedel (Deutsches Institut für Effizienzprüfung) müssen die Aufsichtsräte ihre Arbeits- und Verhaltensweisen anpassen. Anders als in anderen Branchen sind in der Modern Corporate Governance in Banken umfassende aufsichtsrechtliche Anforderungen an die Eignung der Gremienmitglieder und deren Aufgabenstellung beachtlich. Zunehmend steht die Risikokultur im Mittelpunkt der Gremienarbeit. Angemessene und risikoadjustierte Vergütungssysteme sind letztlich ein Bestandteil dieser Risikokultur. Häufige Schwachstellen in der Gremienarbeit resultieren aus system- und personenbedingten Dysfunktionalitäten. Moderne „High Performance Boards“ haben ein modernes Rollenverständnis und sind Treiber von Transformationsprozessen. Diversität wird dabei zur Normalität.
Aktuelle aufsichtsrechtliche Initiativen
Die Vergütungsregulierung hat durch die Änderungen in der CRD V und CRR II erneuten Anschub gefunden. Nachdem KWG und InstitutsVergV angepasst worden sind wartet die Branche nach Einschätzung von Dr. Hagen Christmann (Verband Öffentlicher Banken) gespannt auf die avisierte Überarbeitung der BaFin-Auslegungshilfe zur InstitutsVergV. Die abschließende Überarbeitung und Konsultation soll bis 06/2022 finalisiert werden. Hier werden auch Neuerungen aus den EBA Guidelines on sound remuneration policy einfließen (z. B. Umgang mit Prämien, Konzernboni und Abfindungen, Nutzung von Non-Cash Instruments in nicht-börsennotierten Instituten). Auch weitere Konkretisierungen zum Vergütungsbeauftragten werden erwartet (z. B. organisatorische Zuordnung, Aufgabenspektrum). Trotz der vielen Ausnahmen und Besonderheiten für einzelne Institutsgruppen (z. B. Förderbanken, Leasing- und Factoring-Unternehmen, Wertpapierinstitute, kleine und nicht-komplexe Institute) besteht Raum für weitere proportionale Erleichterungen.
Trends und Neuerungen im Risikomanagement
Durch den gesetzlich bestimmten Zusammenhang von Risikomanagement und Vergütungssystemen tangieren Neuerungen im Risikomanagement auch die Vergütungsexperten. Nachdem die MaRisk 7.0 gerade erst neue Vorgaben zu wesentlichen Outsourcings, Notfallkonzepten und Non-Performing-Loans gebracht hat, geht die Reise für Dr. Patrick Buchmüller (MARISK ACADEMY) längst weiter. Erste Themenschwerpunkte für die MaRisk 8.0 zeichnen sich ab. Die letzten offenen Basel III-Umsetzungsthemen (CRD VI) bringen u. a. neue Berechnungsvorgaben zur Mindestkapitalunterlegung. Gleichzeitig erfordern Veränderungen bei den klassischen Bankrisiken mehr Aufmerksamkeit (z. B. Immobilienblase, COVID 19-Folgen, Niedrigzinsen). Das gilt neben den Nachhaltigkeitsrisiken (ESG) ebenso auch für IT-Risiken, deren Bedeutung durch die andauernde Digitalisierungswelle deutlich gestiegen ist.
Vergütungsregime für Wertpapierinstitute
Für die ca. 670 Institute in Deutschland, die lediglich Wertpapierdienstleistungen erbringen, schafft der neue Aufsichtsrahmen auch ein eigenes Vergütungsregime. Abhängig von der Einstufung der Wertpapierinstitute in drei Klassen sind abgestufte Vergütungsanforderungen beachtlich. Aus Sicht von Michael H. Sterzenbach (Bundesverband der Wertpapierfirmen) gibt es deutliche Analogien zu den Vergütungsregelungen für CRR-Kreditinstitute, dennoch bestehen im Detail deutliche Unterschiede. Der neue Vergütungsrahmen besteht insbesondere aus dem neuen Wertpapierinstitutsgesetz und der begleitenden Wertpapierinstitutsvergütungsverordnung. Hiervon betroffen sind lediglich die ca. 70 mittelgroßen Wertpapierinstitute (Klasse 2). Hier fallen jedoch anders als bei den Banken nur die identifizierten Risk Taker unter den Anwendungsbereich der Vergütungsanforderungen. Für kleinere Wertpapierinstitute der Klasse 2 bestehen zudem Erleichterungen bzgl. Risk Taker-Vergütung und Governance. Beim Vorliegen eines Konzernzusammenhangs gelten für nachgeordnete Wertpapierinstitute nach der InstitutsVergV 4.0 besondere Anforderungen für die Umsetzungen im Gruppenzusammenhang (§ 27 InstitutsVergV).
EBA als Treiber der Vergütungsregulierung
Nachdem die EBA in 2021 ein umfangreiches Arbeitsprogramm aus dem EU-Bankenpaket abzuarbeiten hatte, stehen für 2022 noch Restarbeiten auf der Arbeitsagenda (Überarbeitung der GL on high earners und GL on benchmarking remuneration and gender pay gap). Für Bernd Rummel (European Banking Authority) zeichnen sich für 2023/2024 bereits weitere Neuerungen aus der Umsetzung von CRD VI ab. Die überarbeiteten GL on sound remuneration policies bringen weitere Schärfungen für die CRR-Kreditinstitute zur Behandlung von Halteprämien und Abfindungen. Equal Pay und Equal Opportunities sind für die nächsten Jahren ein großes Handlungsfeld für die EBA – und damit auch für die regulierten Institute. Die Separierung des Aufsichtsrahmens für die Wertpapierinstitute von dem der klassischen CRR-Kreditinstitute ist Gegenstand diverser Guidelines und Regulatory Standards für diese Institutsgruppe. Die Verabschiedung des RTS zur Risk Taker-Ermittlung in den Wertpapierinstituten erfolgt voraussichtlich bis zum Jahresende 2021.
Neues Anforderungsprofil des Vergütungsbeauftragten
Seit der Einführung des Vergütungsbeauftragten in 2014 hat es erst in den letzten 2 bis 3 Jahren weitere Konkretisierungen zu dessen Aufgaben- und Anforderungsprofil gegeben. Gleichzeitig gerät der Vergütungsbeauftragte zunehmend in den Fokus in- und externer Prüfer. Die InstitutsVergV 4.0 bringt zusätzliche fachliche Anforderungen im Risikocontrolling. Der Aufgabenkatalog wird ausdrücklich auf die Offenlegung und die Umsetzung im Konzernzusammenhang ausgeweitet. Für den Vergütungskontrollbericht werden Inhalte und Struktur vorgegeben. Auch das Update zur BaFin-Auslegungshilfe von 09/2020 hat (Ver-)Schärfungen zu Rolle und Aufgaben des Vergütungsbeauftragten gebracht. Nach Bewertung von Werner Klein (compgovernance) besteht die DNA des Vergütungsbeauftragten aus einem Mix aus hochkarätigen Anforderungen (Expertise, Unabhängigkeit) und vorgegebenen operativen Pflichten (Info und Reporting, Überwachungshandlungen). Besondere Herausforderungen bestehen bei der Überwachung im Gruppenzusammenhang im Hinblick auf die unterschiedlichen Vergütungsregelungen, die unter einem Konzerndach in Einklang zu bringen sind.
Wieder nur ein Stopover in der Vergütungsregulierung
Die erneute Regulierungswelle zu den Vergütungssystemen verschärft die Anforderungen für die betroffenen Institute und auch für die bestellten Vergütungsbeauftragten. Die Neufassung der Regelungen zum Gruppenzusammenhang (§ 27 InstitutsVergV) stellt im Zusammenhang mit der ausgeweiteten Überwachungsrolle des Vergütungsbeauftragen für deren Umsetzung eines der großen Handlungsfelder dar. Aus Sicht von Annett Groher (Commerzbank AG) finden die geschärften Anforderungen an die Überwachung der Vergütungssysteme in den Töchtern bereits bisher weitgehend Berücksichtigung. Die überarbeiteten Risk Taker-Kriterien wurden bereits von den Instituten im Verlauf des Jahres 2021 angewandt. Für Richard Hermann Winter (NORD/LB) sind die fachlichen Entwicklungsnotwendigkeiten abhängig vom individuellen fachlichen Background des Vergütungsbeauftragten. Abweichungen von den restriktiven Vorgaben zur Exklusivtätigkeit in Vollzeit sind nach Einschätzung von Gero von Kietzell (DZ Bank AG) in gut begründeten Ausnahmen in der Praxis auch gegenüber Prüfern durchzuhalten.
Save the Date 2022
Die Fachtagung für Vergütungsbeauftragte ist ein exklusives Tagungsformat für Vergütungsbeauftragte und ihre Stellvertreter. Neben dem Einblick in die Compensation Governance unterschiedlicher Institute wird der fachliche Austausch der Vergütungsbeauftragten untereinander und mit Vertretern der Aufsicht gestärkt.
Die Fachtagung für Vergütungsbeauftragte 2022 findet am 9. November 2022 statt.
Haben Sie Fragen? Vereinbaren Sie einen unverbindlichen Telefontermin mit Werner Klein unter werner.klein@compgovernance.de