Seit dem 4. August 2017 ist die InstitutsVergV 3.0 in Kraft. Auch wenn einzelne Neuerungen erst für das Vergütungsjahr 2018 anzuwenden sind, ist das Schwergewicht der Verschärfungen damit bereits seit gut einem Jahr anzuwenden.
Im Ergebnis sind immer noch viele Institute auf dem Weg zu einer umfassenden Umsetzung. Gleichzeitig bringen die Novellierung von CRD IV und CRR weitere Neuerungen für die finanzwirtschaftlichen Zusammenhänge der Vergütungssysteme. Zudem beabsichtigt die Bundesregierung mit der Lockerung des Kündigungsschutzes für Risk Taker eine neue und einschneidende Regulierungsintervention.
Variable Vergütung auf dem Prüfstand
Die letzte Regulierungswelle zu den Vergütungssystemen hat eine erneute Grundsatzdiskussion zur variablen Vergütung ausgelöst. Die InstitutsVergV 3.0 treibt die Costs of Compliance für die Ausgestaltung und Umsetzung der variablen Vergütung immer weiter. Auch steigen die Zweifel, inwieweit die regulatorisch induzierten Vergütungslösungen überhaupt noch eine echte Anreizwirkung entfalten können.
Im Ergebnis haben bisher nur einzelne Banken die variable Vergütung abgeschafft. Es handelt sich dabei um öffentlich-rechtliche Förderbanken, denen die Aufsicht die Tür hierzu mit einer dezidierten Ausnahmeerlaubnis geöffnet hat. Für die anderen Banken überwiegen ganz offensichtlich weiter die betriebs- und personalwirtschaftlichen Begründungen für eine variable Entlohnungskomponente. Abschreckend wirken zudem die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen, die eine Abschaffung regelmäßig nur mit einer Verfixung der bisherigen variablen Vergütung (und damit signifikant höheren fixen Vergütungskosten) möglich machen. Auch steht ein Großteil der regulatorischen Auflagen gar nicht im direkten Zusammenhang mit der variablen Vergütung und bliebe somit weiter relevant (z. B. Identifizierung von Risk Takern, Governance- und Offenlegungsanforderungen).
Statt Abschaffung stehen deshalb in der Praxis Vereinfachungen im Fokus. Die Ausgestaltung der Vergütungssysteme wird dadurch vielfach zum Kompromiss:
- Die Deckelung des maximalen individuellen Auszahlungsbetrags der variablen Vergütung auf die Freigrenze von 50.000 Euro lässt zwar einiges an Incentive-Wirkung verpuffen, jedoch kann damit die Komplexität des aufgeschobenen Auszahlungsmodus bei Risk Takern vermieden werden. Durch diesen Kunstgriff kann im Übrigen auch die Einführung der besonders umstrittenen Clawback-Rückzahlungsvereinbarungen umgangen werden, die erst ab der Freigrenze greifen müssen.
- Andere Lösungen haben einen (teilweisen) Wechsel von individueller Erfolgsvergütung hin zu einer allgemeinen Erfolgsbeteiligung zum Gegenstand. Hiermit können signifikante Vereinfachungen im Performance- und Vergütungsmanagement erreicht werden. Der vergütungspolitische Fokus schwenkt dabei von der Individual- hin zur Teamperformance.
Neuer Vergütungsbegriff als unterschätzte Neuerung
Eine der bislang nur mäßig beachteten Neuerungen der InstitutsVergV 3.0 ist die geänderte Definition der einzubeziehenden Vergütungen sowie eine weitgehend neue Abgrenzung zwischen fixen und variablen Vergütungselementen (§ 2 InstitutsVergV). Die Folgen für das Vergütungsmanagement können sehr weitreichend sein. Die Zuordnung weiterer Vergütungselemente zur variablen Vergütung hat Folgewirkungen in Bezug auf deren Behandlung in zahlreichen Bereichen des Vergütungsmanagements, z. B. bei der
- Ermittlung der Einhaltung der individuellen Bonus-Obergrenze (§ 6 InstitutsVergV),
- Festsetzung des Gesamtbetrags der variablen Vergütung (§ 7 InstitutsVergV),
- Offenlegung der quantitativen Vergütungsangaben (§ 16 InstitutsVergV i. V. Art. 450 CRR),
- Anwendung der quantitativen Selektionskriterien des EBA RTS bei der Risk Taker-Selektion (EBA/RTS/2013/11 vom 16. Dezember 2013),
- Ermittlung der individuellen variablen Vergütung und Anwendung der Freigrenze bei der Risk Taker-Auszahlung (§ 20 InstitutsVergV) und r
- regelmäßigen Meldung von Vergütungsangaben an BuBank/EZB
Die erstmalige Umsetzung erfordert deshalb unbedingt eine belastbare Inventur aller gewährten finanziellen und nicht-finanziellen Vergütungselemente. Eventuelle Versäumnisse kommen in neuralgischen Handlungsfeldern Jahr für Jahr im Vergütungszyklus wieder auf den Tisch. Problematisch ist in der Praxis insbesondere die Zuordnung von Zulagen und Abfindungen.
Weitere variable Vergütungskategorien
Zulagen wurden bisher (insbesondere auch bei Tarifangestellten) häufig ohne eine unternehmensweit einheitliche Policy und mit einem generellen Widerrufsvorbehalt vereinbart. Damit sind solche Zulagen ohne Umstellung als ermessensabhängig und damit als variable Vergütung einzustufen. Da die kumulierte Gesamtsumme derartiger Zulagen durchaus signifikant sein kann, ergibt sich das Problem, dass sie auf einmal sowohl im Governance-Prozess zum Bestandteil der Planung und Festsetzung des Gesamtbetrags der variablen Vergütung wird und auch bei der Prüfung der finanzwirtschaftlichen Auszahlungsvoraussetzungen gemäß § 7 InstitutsVergV zu beachten ist.
Auch die umfassende Neuregelung von Abfindungen kann sich auf den Gesamtbetrag der variablen Vergütung auswirken. Obwohl die meisten Abfindungsfälle in der Praxis unter die umfangreichen Ausnahmeregelungen des § 5 Abs. 6 Satz 5 Ziff. 1 bis 3 InstitutsVergV fallen werden, sind die nicht unter diese Ausnahmen fallenden Abfindungsbeträge bei der Festsetzung des Gesamtbetrags der variablen Vergütung ebenso zu berücksichtigen wie z. B. bei der individuellen Bonus-Obergrenze und ggf. bei der aufgeschobenen Auszahlung an einen Risk Taker. Darüber hinaus können für diese nicht begünstigten Abfindungsbeträge mitbestimmungsrechtliche Folgewirkungen entstehen: Abfindungen fallen zwar grundsätzlich nicht unter den betriebsverfassungsrechtlichen Lohnbegriff und unterliegen deshalb außerhalb von mitbestimmungspflichtigen Sozialplänen nach § 112 BetrVG auch nicht der Mitbestimmung, doch geht ein Teil der juristischen Literatur davon aus, dass die Gewährung solcher beim Gesamtbetrag zu berücksichtigenden Abfindungen die mitbestimmungspflichtigen Verteilungsgrundsätze betreffen, da sie das zur Verfügung stehende Volumen für Bonuszahlungen mindern.
Der Bonuspool wird neu definiert
Durch den neuen Vergütungsbegriff des § 2 InstitutsVergV zählen zum Gesamtbetrag der variablen Vergütung (§ 7 InstitutsVergV) zusätzlich zum „Bonus-Pool“, d.h. der Summe aller Leistungsboni, künftig auch weitere als variabel einzustufende Vergütungselemente, z. B.
- Zulagen (sofern nicht nach § 2 Abs. 6 InstitutsVergV gewährt)
- Garantie-Boni (§ 5 Abs. 5 InstitutsVergV)
- Abfindungen (sofern nicht begünstigt nach § 5 Abs. 6 Ziff. 1 bis 3 InstitutsVergV)
- Halteprämien (§ 5 Abs. 7 InstitutsVergV)
- Ausgleichzahlungen an Risk Taker für entgangene Ansprüche ggü. Vor-Arbeitgeber (§ 21 InstitutsVergV)
- Zusätzliche Leistungen zur betrieblichen Altersversorgung an Risk Taker (§ 22 InstitutsVergV)
Auch diese weiteren variablen Vergütungselemente müssen nach der InstitutsVergV 3.0 künftig Teil des transparenten und strukturierten Verfahrens für die Planung und Festsetzung des auszuschüttenden Budgets sein. Zudem steht die Auszahlung von Zulagen und Abfindungen, die der variablen Vergütung zuzuordnen sind, grundsätzlich ebenso unter dem Vorbehalt der definierten finanzwirtschaftlichen Anforderungen des § 7 InstitutsVergV.
Viel Rauch um Nichts bei Abfindungen
Die Kritik zu den neuen Regelungen der InstitutsVergV 3.0 zu Abfindungen im Konsultationsverfahren war laut. Bei Lichte betrachtet sind die finalen Regelungen wohl kaum schmerzhaft. Das nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 InstitutsVergV geforderte Rahmenkonzept bzgl. Entscheidungsbefugnissen und -prozessen lag wohl immer schon in der Schublade (interne Entscheidungsbefugnisse). Auch die materiellen Grundsätze gemäß § 5 Abs. 6 InstitutsVergV sind entweder in Form von Sozialplänen, anderen Regelwerken oder zumindest als gelebte Praxis vorhanden. Letztere schriftlich zu dokumentieren, ohne das eine interne Veröffentlichung erfolgen muss, ist wohl unproblematisch.
Die Praxis wird viele kreative Gestaltungsformen zu nutzen wissen, um Abfindungsbeträge möglichst klein zu halten oder aber diese unter die breit gefassten Ausnahmeregelungen des § 5 Abs. 6 Satz 5 Ziff. 1 bis 3 InstitutsVergV fallen zu lassen. Für einiges Kopfschütteln führt die Regelung in der BaFin-Auslegungshilfe zur InstitutsVergV 3.0, wonach schlüssige Abfindungsfälle ab einer bestimmten Höhe (mehr als 200.000 Euro oder mehr als 200% der Fixvergütung) schriftlich an die BaFin gemeldet werden sollen. Da sollte sich die Aufsicht wohl eher auf die Vergütungssysteme konzentrieren und sich nicht in Individualfälle verstricken.
Insgesamt ist das andauernde Murren zu den Abfindungsregelungen wohl mehr psychologisch motiviert: Je weniger formale Regelwerke für Abfindungen bestehen, je mehr Beinfreiheit haben die Entscheider in Human Resources, um besondere individuelle Abfindungsfälle lösen zu können.
Neue Pflichtenhefte in der Compensation Governance
Die erneute Verschärfung der Governance-Anforderungen trifft sämtliche Beteiligte und schärft deren Pflichtenhefte weiter. Im Ergebnis bringt die Umsetzung der InstitutsVergV 3.0 deutlich mehr Gremien-Befassungen für die Geschäftsleitung und das Aufsichtsgremium sowie umfangreichere Dokumentationen zu den wesentlichen Entscheidungsprozessen, um die neuen Anforderungen zu erfüllen.
Der neue mindestens jährlich an das Aufsichtsgremium zu erstattende Bericht über die durchgeführte Überprüfung der Angemessenheit der Vergütungssysteme erweitert die Verantwortlichkeiten der Geschäftsleitung (§ 12 InstitutsVergV). Dabei tun sich viele Institute nicht bei der Berichterstattung selbst schwer, sondern bei den Auflagen für die Durchführung der zu Grunde liegenden Angemessenheitsprüfung. Die Prüfung muss unabhängig erfolgen: Dies bedeutet zumindest, dass Human Resources bzw. Compensation & Benefits als verantwortlicher Fachbereich für die Federführung in der Durchführung ausscheiden. Dies gilt ebenso für den Vergütungsbeauftragten, der ansonsten keine unabhängige Überwachung der Prüfungsdurchführung und Berichterstattung vornehmen könnte. Im Ergebnis übernimmt deshalb eine geeignete andere Kontrolleinheit den Lead oder die Prüfung wird extern vergeben. Da die Berichterstattung an das Aufsichtsgremium parallel zu dem bereits bisher geforderten Bericht der Geschäftsleitung über die Ausgestaltung der Mitarbeiter-Vergütungssysteme (§ 3 Abs. 1 Satz 2 InstitutsVergV) erfolgt, ist für die Praxis wohl ein kombinierter Bericht zu beiden Anforderungen zu erwarten.
Die neuen Anforderungen an die Unabhängigkeit des Vergütungsbeauftragten (Vollzeit, keine Doppelfunktionen, keine Interessenkollision mit früherer Tätigkeit in Human Resources) haben bereits zu zahlreichen Neu-Bestellungen geführt. Auffällig ist, dass die neuen Anforderungen für die stellvertretenden Vergütungsbeauftragten wenig Beachtung finden. Dort zeigt die Praxis häufig Kollisionen mit den neuen Bestimmungen, die gemäß § 23 Abs. 6 InstitutsVergV für den Stellvertreter ebenso anzuwenden sind.
Risk Taker-Identifizierung im Fokus der Compensation Governance
Der Dreh- und Angelpunkt für die Vergütung der besonders im Fokus stehenden Risk Taker ist deren Identifizierung. Die Risikoanalyse zur Identifizierung der Risk Taker steht durch die InstitutsVergV 3.0 noch stärker im Fokus der Compensation Governance:
- Beschlussfassung zu Vorgehen, Selektionskriterien und Ergebnissen durch die Geschäftsleitung. Fälle von De-Identifizierungen bei den quantitativen Selektionskriterien nach Art. 4 Absatz 2, Ziff. 1a, 1b und 1c EBA RTS sind ausdrücklich zu beschließen (§ 3 Abs. 1 InstitutsVergV).
- Dokumentation des Vorgehens sowie der Selektionskriterien in den Organisationsrichtlinien (§ 11 InstitutsVergV)
- Durchführung der Risikoanalyse durch Human Resources (oder einen anderen Fachbereich) und angemessene Beteiligung der weiteren Kontrolleinheiten (§§ 18 Abs. 2 und 3 Abs. 3 InstitutsVergV).
- Überwachung des Prozesses der Ermittlung der Risk Taker durch Vergütungskontrollausschuss und Aufsichtsgremium. Herausnahmen einzelner Mitarbeiter im Rahmen der so genannten De-Identifizierung bedürfen der ausdrücklichen Kenntnisnahme (§§ 15 Abs. 3 und § 18 Abs. 2 InstitutsVergV).
- Offenlegung der qualitativen und quantitativen Vergütungsangaben im externen Vergütungsbericht (§ 16 Abs. 1 InstitutsVergV)
- Überwachung durch den Vergütungsbeauftragten (§ 24 InstitutsVergV)
Die immer schon wichtige schriftliche Dokumentation der Risikoanalyse wird insbesondere hinsichtlich der Durchführung und Herleitung der Ergebnisse immer bedeutsamer und Gegenstand von in- und externen Prüfungen.
Mehr als 4 Augen im Leistungsmanagement
Die InstitutsVergV 3.0 setzt 1:1 die verschärften Bestimmungen der EBA Guidelines on Sound Remuneration Policies vom 27. Juni 2016 (Ziff. 10.2, Nr. 165) zum Absicherungsverbot in nationales Recht um. Danach haben die Institute sicherzustellen, dass die Methoden der Leistungs- und Erfolgsmessung für alle Mitarbeiter einer angemessenen Kontrolle („4-Augen-Prinzip“) unterworfen sind, um zu gewährleisten, dass die Zuwendungskriterien nicht manipuliert werden können. Sofern derartige Kontrollen nicht vorhanden sind, bestimmt die Aufsicht, dass die variable Vergütung nicht ausreichend an die Leistung bzw. den Erfolg anknüpft und damit die Vergütungspolitik nicht angemessen ausgestaltet ist. Als Konsequenz würde danach jede Zahlung einer variablen Vergütung zu einer Verletzung der regulatorischen Anforderungen führen. Das klingt nach schwerem Geschütz, zumal die EBA Guidelines diese Anforderung nicht etwea für alle Mitarbeiter, sondern nur für die Risk Taker vorsieht.
Inhaltlich meint die Aufsicht ganz offensichtlich nicht vier, sondern sechs Augen. Zusätzlich zu den Führungskräften und Mitarbeitern, die die Zielgespräche führen (4 Augen), fordert sie ein weiteres Augenpaar für eine verpflichtende Kontrolle. Die Neuerung ist für alle die Banken abgehakt, bei denen im Performance-Management-Prozess jede Zielvereinbarung automatisch über den nächsthöheren Vorgesetzten (Abteilungs-, Bereichs-, Regionaleiter) geht. Dessen Aufgabe ist dabei die Kontrolle von inhaltlicher Qualität und Konsistenz im Rahmen des allgemeinen Führungs- und Managementprozesses. Institute die bisher über einen solchen Prozess nicht verfügen, müssen entweder die nächsthöheren Vorgesetzten einbeziehen oder aber eine zusätzliche zentrale Kontrolle einführen. Human Resources kann dabei lediglich eine formale Ordnungsmäßigkeit und Plausibilität prüfen. In der Praxis ist zudem die Vermischung mit der Stichprobenprüfung von Compliance bzw. des Vergütungsbeauftragten nach § 8 InstitutsVergV zu vermeiden.
Unterschätzte Obergrenze für Kontrolleinheiten
Die neue Begrenzung der variablen Vergütung in den Kontrolleinheiten auf in der Regel maximal 1/3 der Gesamtvergütung hat überraschenderweise bislang kaum Handlungsbedarf ausgelöst. Jedoch berücksichtigen die hierzu durchgeführten Analysen fast immer nur die Höhe der tatsächlich ausgezahlten variablen Vergütungen. Im Hinblick auf die für viele Banken durchwachsenen letzten Ergebnisjahre sind die Actuals eher moderat und erreichen die neue Obergrenze meistens nicht.
Ein solcher Check erscheint jedoch mehr als fragwürdig. Die neue Vorgabe bezieht sich auf das Vergütungssystem und somit ist es wohl eher die maximal mögliche variable Vergütung (Target Maximum) auf 1/3 der Gesamtvergütung zu begrenzen. Bei dieser Betrachtung sollte sich deutlich mehr Handlungsbedarf zeigen, zumal auch die Möglichkeit des Überschreitens bis auf maximal 1/2 der Gesamtvergütung ausdrücklich nur auf absolute Ausnahmen begrenzt ist.
Überraschend ist in diesem Zusammenhang auch, dass diese neue Bonusgrenze der InstitutsVergV 3.0 für die Kontrolleinheiten nicht etwa auch für den Chief Risk Officer in der Geschäftsleitung anzuwenden ist. Der ist immerhin als hierarchisch höchstrangigster Verantwortlicher für die wichtigsten Kontrolleinheiten anzusehen. Im Hinblick auf die Ausführungen zu § 4 InstitutsVergV in der BaFin-Auslegungshilfe, wonach die Vergütungssysteme von Geschäftsleitung und Mitarbeitern durchgängig und anschlussfähig sein sollen, müste eigentlich auch die CRO-Vergütung durch die Vergütungsvorgaben für die Mitarbeiter in den nachgeordneten Organbisationseinheiten infiziert werden.
Es geht um deutlich mehr als nur die Einführung des Clawback
Neben den Verschärfungen für das Auszahlungsmodell für Risk Taker im Senior Management (längere Aufschiebungszeiträume und höhere Aufschiebungsanteile für Geschäftsleiter und Risk Taker der nachgeordneten Ebene) stellen die neu gefassten Bestimmungen zur Berücksichtigung von negativen Erfolgsbeiträgen den Kern der materiellen Neuerungen in der Risk Taker-Vergütung dar.
Dabei vernachlässigt die intensiv geführte Diskussion um die neuen Clawback-Rückzahlungsklauseln vielfach den nicht minder schweren Handlungsbedarf zur Neufassung der bisherigen Malus-Regelung. Denn sowohl bei der Reduzierung während des Auszahlungsfensters (Malus) wie auch bei der Rückforderung bereits ausgezahlter Beträge (Clawback) sind die gleichen Kategorien von kritischen Sachverhalten zu berücksichtigen: Beteiligung oder Verantwortung für erhebliche Verluste bzw. regulatorische Sanktionen und Verletzungen von in-/externen Regelungen.
Die schwierige arbeitsrechtliche Umsetzung muss beide Perspektiven belastbar regeln. Der aufsichtsrechtliche Druck auf die Institute ist hoch und fordert insofern Lösungen, die dem Unternehmen eine höchstmögliche Sicherheit für den Anwendungsfall bieten. In der Zwischenzeit haben die meisten bedeutenden Institute bereits Umsetzungen vorgenommen: Beginnend mit den Geschäftsleitern, deren Individualverträge von den Aufsichtsgremien umgestellt worden sind, haben die meisten Institute auch damit begonnen, benötigte kollektivrechtliche Regelungen zu vereinbaren bzw. neu zu fassen. Hier tun sich die Mitbestimmungsgremien extrem schwer, einer solchen verschlechternden Regelung für die betroffenen Risk Taker zuzustimmen. Die Zeit und ggf. notwendige Einigungsstellenverfahren werden zeigen was die Praxis aus diesen neuen Vorgaben wirklich macht.
Leider führen einzelne Einlassungen der BaFin zur technischen Umsetzung des Clawback eher zu Irritationen als zu Klärungen: Der betroffene Risk Taker soll durch den Clawback nachträglich so gestellt werden, als wäre ihm der zurückgeforderte variable Vergütungsbetrag nie zugeflossen. Damit sollte die von der BaFin als ausreichend definierte Netto-Rückforderung beim Clawback ausgeschlossen sein. Hiermit würde nämlich dem betroffenen Risk Taker ein durchaus signifikanter materieller Vorteil in Höhe der von ihm gezahlten ESt- und Sozialabgaben verbleiben. Deshalb müssen die Institute sich wohl zumindest den Steuererstattungsanspruch abtreten lassen – was dann aber materiell einer Brutto-Rückforderung gleichkommt.
Offenlegung im Wandel
Die verschärften Anforderungen zur Offenlegung von Vergütungsangaben sind erst ab dem Vergütungsjahr 2018 anzuwenden. Die zwischenzeitlich veröffentlichten Vergütungsberichte für 2017 sind deshalb grundsätzlich nach dem für 2017 geltenden (alten) Standard erstellt. Nur einige wenige Institute haben bereits für 2017 freiwillig komplett auf die neuen Offenlegungsanforderungen umgestellt (z. B. Aareal Bank). Problematisch erscheinen einzelne Veröffentlichungen, die nur selektiv einzelne der neuen Anforderungen bereits umsetzen.
Ein klares Bild über die Vergütungslandschaft der Branche wird sich ohnehin erst wieder mit der Offenlegungs-Saison für 2018 ergeben, in der die neuen – aus Sicht der Transparenz – verbesserten Regelungen erstmals greifen. Die Umstellung für 2018 wird aber dazu führen, dass die Berichte kaum vergleichbar gegenüber dem Vorjahr sein werden. Hierzu führen ff. Verschärfungen:
- Weitere qualitative Angaben über Art. 450 CRR hinaus (§ 16 Abs. 1 InstitutsVergV, nur für bedeutende Institute)
- Offenlegung von aggregierten Vergütungsangaben für alle Mitarbeiter, nicht nur Risk Taker (§ 16 Abs. 1 Ziff. 3 InstitutsVergV)
- Offenlegung der Vergütungen für die Mitglieder der Aufsichtsgremien (§ 25d Abs. 5 KWG)
- Anwendung des neuen Vergütungsbegriffs (§ 2 InstitutsVergV), d. h. inklusive bislang befreiter Leistungen (z.B. Altersversorgung) und Tarif-Vergütungen und zum Teil geänderte Zuordnung zu fix und variable (insbes. Zulagen, Garantien, Retentions und Abfindungen)
- Konzern-Vergütungsbericht und relevante Töchter nach Konsolidierungskreis (ungleich Risikoanalyse)
Zu beachten ist, dass der Wegfall aller Vergütungsberichte von nicht-bedeutenden Konzerntöchtern (sofern die Konzern-Mutter diese im Konzernbericht abdeckt), kleinen Instituten (Bilanzsumme von unter 3 Mrd. Euro) und nicht-bedeutenden Nicht-CRR-Instituten (kleinen Leasing- und Factoring-Unternehmen) die Transparenz auf Einzel-Institutsebene deutlich reduzieren wird.
Neuerungen aus CRD IV und CRR
Auch ohne, dass die seit dem 4. August 2017 bereits geltenden verschärften Anforderungen der InstitutsVergV abschließend bewältigt sind, zeichnen sich bereits wieder neue Verschärfungen für die Vergütungssysteme ab, insbesondere aus den geplanten Änderungen der europäischen Kapital- und Bankenabwicklungsregeln, die voraussichtlich 2020 in Kraft treten.
Offen ist, ob es bei der 15 Mrd. Euro-Bilanzsummengrenze für bedeutende Institute in Deutschland bleiben kann oder ob die Vorschläge der EU-Kommission, die Einstufungsgrenze auf nur noch 5 Mrd. Euro abzusenken, greifen werden. Letzteres würde die Zahl der als bedeutend einzustufenden Institute auf einen Schlag etwa verdoppeln und einen enormen Umsetzungsaufwand für die betroffenen Unternehmen bedeuten.
Zusätzlich zu den regulatorischen Eigenmittel-Anforderungen und der ökonomischen Risikotragfähigkeit haben Institute nach Basel III neue Anforderungen an die Liquiditätsausstattung zu erfüllen, deren Einhaltung anhand mehrerer neuer Kennzahlen zu messen ist:
- Leverage Ratio – nicht risikobasierte Begrenzung der bilanziellen und außerbilanziellen Aktiva im Verhältnis zum Kernkapital
- Liquidity Coverage Ratio – Sicherstellung der kurzfristigen Liquidität (über einen Zeitraum von 20 Tagen)
- Net Stable Funding Ratio – Sicherstellung der langfristigen Liquidität (Summe der nach ihrer dauerhaften Verfügbarkeit gewichteten Passiva muss mindestens der Summe der nach ihrer Liquiditätsnähe gewichteten Aktiva zzgl. des Finanzierungsbedarfs aus außerbilanziellen Positionen entsprechen)
Diese Neuerungen hinsichtlich der Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen für die Umsetzung der Auszahlungsbedingungen für den Gesamtbetrag der variablen Vergütung nach § 7 InstitutsVergV auf der Instituts- und Gruppenebene relevant.
Eingriffe in den Kündigungsschutz für Risk Taker
Weitgehend unbeachtet haben die Regierungsparteien in ihrem Koalitionsvertrag vom 14. März 2018 eine weitere regulatorische Verschärfung für die Risk Taker programmiert: Zur Stärkung der Attraktivität des Finanzplatzes Deutschland soll der Kündigungsschutz für Risk Taker in Banken gelockert werden und dem der leitenden Angestellten angeglichen werden. Betroffen sind nach den Eckdaten des Vorhabens solche identifizierten Risk Taker, deren jährliche Grundvergütung 234.000 Euro überschreitet.
Damit wird ein ohnehin schwieriges personalpolitisches Handlungsfeld weiter vermint. Bei den identifizieren Risk Takern handelt es sich grundsätzlich um besonders erfolgskritische Mitarbeiter. Deren Vergütungspakete sind durch die Regulatorik enorm komplex und in der Wahrnehmung wenig attraktiv geworden. Die Diskussion um den Kündigungsschutz wird die Unsicherheit bei den Betroffenen schüren und die Protagonisten nach weiteren Formen der Regulierungs-Arbitrage suchen lassen, um unerwünschte Folgewirkungen zu vermeiden.
Laufender SREP statt Sonderprüfungen
In der Vergangenheit hatte die Aufsicht die Umsetzung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Vergütungssysteme mit zum Teil breit angelegten Sonderprüfungs-Kampagnen nach § 44 KWG geprüft. Zum einen stehen die Vergütungssysteme nicht mehr ganz so weit oben auf der Aufsichts-Agenda und zum anderen ist dieses Handlungsfeld immer mehr in dem allgemeinen aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozess (Supervisory Review and Evaluation Process, SREP) aufgegangen.
Im SREP sind auch operationale Risiken aus nicht angemessenen Vergütungssystemen relevant und können theoretisch auch die aufsichtliche Beurteilung des Gesamt-Risikoprofils sowie der Eigenkapital- und Liquiditätsausstattung der einzelnen Institute beeinflussen. Seit diesem Jahr geht die Aufsicht nach einem festen Zyklus für die SREP-Überprüfungen vor. Hiernach liegt der ganz überwiegende Teil der Institute in einem dreijährigen Prüfungszyklus.
Hoher Umsetzungsdruck und Schulungsbedarf
Die Neuerungen der InstitutsVergV 3.0 und ihrer Auslegungshilfe bescheren den Vergütungspraktikern einen erneuten Informations- und Weiterbildungsbedarf. Unter dem nachfolgend Link finden Sie einen Überblick über zielgruppenbezogene externe Tagungen bzw. Seminarveranstaltungen.
Über compgovernance
Compensation Governance Werner Klein & Partner (compgovernance) ist eine unabhängige und inhabergeführte Unternehmensberatung mit Sitz in Düsseldorf. Der Schwerpunkt der Beratungstätigkeit liegt im Performance und Compensation Management von Banken und anderen Finanzdienstleistern.
Die besondere Fachexpertise liegt in der personalwirtschaftlichen Gestaltung von regulatorisch konformen Vergütungssystemen und -prozessen. Dabei werden die Anforderungen des Unternehmens auf der Grundlage der geschäfts- und risikostrategischen Intentionen sowie branchenspezifischen regulatorischen Rahmenbedingungen umgesetzt.
Die Berater von compgovernance verfügen über langjährige Berufs- und Branchenerfahrung und sind bevorzugte Ansprechpartner für Mitglieder von Aufsichts- und Geschäftsleitungsgremien sowie der Führungskräfte und Experten in den Fachabteilungen der Unternehmen.
compgovernance erbringt keine Rechtsdienstleistungen nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz. Sofern solche im Rahmen unserer Beratungstätigkeit gewünscht oder erforderlich werden, arbeiten wir projektbezogen mit institutsinternen Rechtsabteilungen oder erfahrenen Kooperationspartnern zusammen.
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