Am 4. August 2017 ist die lange avisierte zweite Novelle der Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV) in Kraft getreten. Durch die Kollision mit der zeitgleichen Überarbeitung der europäischen Capital Requirements Directive (CRD) und Abstimmungsproblemen im Behördendickicht hatte der deutsche Verordnungsgeber seinen ursprünglichen Zeitplan gleich mehrfach geschoben. Im Ergebnis werden die Anforderungen an die Vergütungssysteme der Institute weiter verschärft. Die zahlreichen und öffentlichkeitswirksamen Bekenntnisse von politischen Entscheidern und Aufsehern zu mehr Erleichterungen für kleinere und mittlere Banken wirken vor diesem Hintergrund eher wie Lippenbekenntnisse denn als glaubhafte politische Agenda.
Beim Fußball würde das Fazit der Experten zur vorliegenden Novelle wohl lauten: „Weiterhin viel Kurzpass-Spiel und nur wenig Raumgewinn“. Denn zunehmende inhaltliche Komplexität, steigender Verwaltungsaufwand und immer wieder neue Anpassungen der Vergütungsvereinbarungen mit den Beschäftigten stellen den Sinn der variablen Vergütung für viele Vergütungsentscheider längst in Frage. Die vergütungspolitische Diskussion fragt deshalb immer lauter wie hoch denn die variable Vergütung künftig eigentlich sein muss, damit ein Mitarbeiter den gewährten Betrag unter Berücksichtigung der weitreichenden zeitlichen und inhaltlichen Auszahlungsbedingungen überhaupt noch als Incentive erlebt?
In unseren Compensation News fassen wir die wesentlichen Neuerungen zusammen und versuchen eine inhaltliche Bewertung vor dem Hintergrund der Umsetzungsnotwendigkeiten in der Praxis.
Novelle mit Hindernissen
Die lange angekündigte Änderungsverordnung zur Novelle der Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV) ist nach mehrmaligen Verzögerungen zum 4. August 2017 in Kraft getreten (BGBl. 2017 Teil I Nr. 54 vom 3.August 2017). Nach dem Erlass der InstitutsVergV in 2010 und einer ersten Novelle in 2014 wird das Kernstück der regulatorischen Bestimmungen für die Vergütungssysteme der Banken in Deutschland bereits zum zweiten Mal novelliert. Die Neuerungen hätten bereits zum 1.Januar 2017 in Kraft treten sollen, um die von der EBA überarbeiteten Guidelines on Sound Remuneration Policies (EBA/GL/2015/22 vom 21.Dezember 2015) in nationales Recht umzusetzen. Hintergrund für den verspäteten Start der so genannten „InstitutsVergV 3.0“ waren Abstimmungsschwierigkeiten zwischen den diversen Beteiligten in Bonn (BaFin), Frankfurt (BuBank), Berlin (BMF), London (EBA) und Brüssel (EU-Kommission). Dabei sorgte insbesondere die parallel laufende europarechtliche Überarbeitung der Capital Requirements Directive (CRD) IV für Abstimmungsbedarf. Durch die dort vorgenommene Neuregelung des Proportionalitätsprinzips und seiner Anwendung auf die Vergütungssysteme ergeben sich wichtige Auswirkungen auf die bisherige Grundarchitektur der Vergütungsregeln in Deutschland. Deshalb hatte die BaFin ihren ursprünglichen Konsultationsentwurf zur Novelle der InstitutsVergV vom 10.August 2016 zwar bereits am 19.Januar 2017 durch eine überarbeitete Fassung ersetzt, den finalen Erlass und den Termin für das Inkrafttreten aber mehrfach verschoben.
Die finale Überarbeitung der Auslegungshilfe zur novellierten Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV) hat sogar bis zum 15.Februar 2018 auf sich warten lassen. Die Praxis sieht den an Umfang enorm gestiegenen Konkretisierungen und Schärfungen der BaFin zu den Umsetzungsanforderungen mit großer Sensibilität entgegen, übersteigen diese nicht selten den Regelungsumfang der Rechtsverordnung selbst.
Erneute Ausweitung der Auflagen für die Vergütungssysteme
Insgesamt bleibt die Aufsicht ihrer bisherigen Linie auch bei dieser Novelle treu. Sie versucht, die Vergütungspraxis der Branche mit immer neuen Auflagen zur Ausgestaltung, Governance und Offenlegung zu dominieren. Statt sich aber dabei auf wichtige Eckpunkte zu fokussieren wird ein immer komplexeres Regelwerk mit einem großen Anteil an kleinteiligen administrativen Anforderungen für die Vergütungssysteme vorgegeben.
Wirkliche materielle Neuerungen bringt die Novelle insbesondere für die Risk Taker-Vergütung in den bedeutenden Instituten. Mindestens ebenso große Bedeutung kommt dem breiten Grundrauschen an Konkretisierungen zu fast allen bisherigen Regelungsfragen zu, das insbesondere aus der ebenfalls überarbeiteten Auslegungshilfe der BaFin resultiert. Leider zeichnen sich auch wieder einige der neuen Anforderungen durch eine begrenzte Praxistauglichkeit aus, was die Umsetzung für die Praxis erschwert. Die vom Verordnungsgeber eingeräumte Umsetzungsfrist für die Haupt-Neuerungen bis Anfang 2018 reduziert nicht etwa den Umsetzungsdruck für die Institute, sondern erscheint im Hinblick auf die benötigten Anpassungen insbesondere in den Konzepten und arbeitsrechtlichen Grunlagen sogar eher ambitioniert.
Wieder nur ein vorläufiger Schlusspunkt
Entgegen der Eckpunkte des ursprünglichen Konsultationspapiers vom 10. August 2016 bleibt der Anwendungsbereich der Vergütungsregeln zunächst unverändert. Jedoch hat die EU-Kommission bereits eine Anpassung der Einstufungssystematik (Absenkung der Bilanzsummengrenze auf voraussichtlich 5 Mrd. Euro) im Rahmen der Überarbeitung der Grundsätze zum Proportionalitätsprinip avisiert, die mutmaßlich zu einer weiteren Novellierung der InstitutsVergV führen wird und dabei auch den Kreis der Institute, die von den besonderen Anforderungen betroffen sind, mehr als verdoppeln könnte. Auch werden voraussichtlich Konzerntöchter, die im Asset Management tätig sind, entgegen der aktuellen Novelle, zukünftig einbezogen werden (zumindest beim Bonus Cap). Die nachstehende Übersicht fasst die wesentlichen Neuerungen für alle Institute und solche, die nur bedeutende Institute betreffen, zusammen.
Wesentliche Neuerungen der BaFin-Änderungsverordnung zur Institutsvergütungsverordnung für alle Institute |
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Anwendungs-bereich | Erleichterungen für öffentlich-rechtliche Förderinstitute (Verzicht auf variable Vergütung oder quantitative Vergütungsparameter möglich) |
Keine Anwendung der Anforderungen an Abfindungen und Offenlegung von nicht-bedeutenden Nicht-CRR-Instituten (z. B. kleine Leasing- oder Factoring-Unternehmen) | |
Investment-Töchter unterliegen weiter nicht den Bestimmungen der InstitutsVergV (insbesondere Bonus Cap und Identifizierung der Gruppen-Risk Taker) | |
Governance | Gestärkte Stellung der Kontrolleinheiten (geschärftes Aufgaben- und Anforderungsprofil) |
Angemessenheit | Vermeidung von Interessenkollisionen in der Beratung und im Kreditgeschäft mit Privatkunden |
Dokumentation der Vergütungssysteme und Entscheidungsprozesse (insbes. zum Gesamtbetrag der variablen Vergütungen) | |
Ausweitung der finanzwirtschaftlichen Anforderungen zum Bonuspool auf Institut und Gruppe | |
Vergütungs-elemente | Eindeutige Zuordnung aller finanziellen und nicht-finanziellen Vergütungselemente zu fix oder variabel (im Zweifel variabel) |
Zulagen sind grundsätzlich zulässig und fix (bei institutsweiter ermessensunabhängiger Regelung, z. B. Funktions- und Auslandszulagen) | |
Zulässigkeit und Behandlung weiterer variabler Vergütungselemente (Retentions, Garantien, zusätzliche Leistungen zur bAV, Abfindungen, Long Term Incentives) | |
Grundsätze zur Bemessung und Auszahlung von Abfindungen erforderlich (Kriterien, Höchstbeträge, Verantwortlichkeiten); Definierte Erleichterungen bei der Anrechnung auf die Bonus-Obergrenze, den Gesamtbetrag der variablen Vergütung und die aufgeschobene Auszahlung bei Risk Takern (unter 200.000 Euro bzw. 200% der Jahres-Fixvergütung) | |
Obergrenze | Anhebung der Obergrenze in einer Tochtergesellschaft erfordert ebenfalls Zustimmung der Anteilseigner im Mutterunternehmen (Gruppenstrategie muss außerdem höheres Verhältnis vorsehen) |
Offenlegung | Nicht-bedeutende Institute berichten nur nach Art. 450 CRR – allerdings nicht nur für Risk Taker (die sie weiterhin nicht haben), sondern für alle Mitarbeiter |
Erleichterungen für Institute mit einer Bilanzsumme < 3 Mrd. Euro | |
BaFin-Tabellendarstellung zu den quantitativen Angaben nach Art. 450 CRR als Orientierung und zur Harmonisierung | |
Wesentliche Neuerungen der BaFin-Änderungsverordnung zur Institutsvergütungsverordnung für bedeutende Institute |
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Governance | Schärfung und Konkretisierung der Aufgaben und Anforderungen an die Unabhängigkeit des Vergütungsbeauftragten (keine Doppelfunktion, grundsätzlich Vollzeit-Tätigkeit) |
Risk Taker- Selektion | Verschärfte Anforderungen an die Risk Taker-Identifizierung (umfassend zu dokumentieren, erweiterte Governance-Anforderungen) |
Konkretisierungen zur Anwendung von Selektionskriterien (De-Identifizierung, Berücksichtigung nicht-monetärer Vergütung) | |
Risk Taker- Vergütung | Verlängerung der Deferral-Laufzeiten und des Anteils in Instrumenten für Geschäftsleiter und die nachgelagerte Führungsebene (sowie für sonstige Risk Taker mit besonders hoher variabler Vergütung) auf mind. 5 Jahre bzw. mehr als 50% |
Einführung einer zusätzlichen Clawback-Regelung, nach der bereits ausgezahlte variable Vergütung zurückgefordert werden kann und Auszahlungsansprüche zum Erlöschen gebracht werden (Rückgriffsfrist reicht bis zum Ende des Zurückbehaltungszeitraum plus 2 Jahre) | |
Offenlegung | Für bedeutende Institute sind Angaben über den Umfang des Art. 450 CRR hinaus erforderlich (z. B. Übersicht über Vergütungssysteme, Governance, Änderungen gegenüber Vorjahr, kumulierte Vergütungen fix und variabel) |
Weitere Verschärfung des Risikoprofils der Top Management-Vergütung
Die materiellen Verschärfungen betreffen insbesondere die Vergütung der Geschäftsleiter und weiteren Risk Taker in den bedeutenden Instituten. Durch die Ausdehnung der Auszahlungszeiträume für das Top Management (Geschäftsleiter und Risk Taker der nachfolgenden Berichtsebene) und andere Risk Taker mit besonders hohen variablen Vergütungen auf mindestens 5 Jahre wird die Vergütung für diese Personengruppe noch langfristiger. Hinzu kommt die gleichzeitige Erhöhung des Anteils der von der Wertentwicklung des Instituts abhängigen Instrumenten auf mehr als 50% der variablen Vergütung. Insgesamt geht dadurch die Schere zwischen den marktüblichen Laufzeiten der Anstellungsverträge im Top Management (3 bzw. 4 Jahre) und denen der korrespondierenden Vergütungsprogramme (mindestens 5 Jahre Aufschiebung plus 2 weitere Jahre Clawback-Frist) immer mehr auseinander.
Die Einführung einer zusätzlichen (Clawback-)Regelung für alle Risk Taker, nach der künftig auch bereits ausgezahlte Vergütungsbeträge unter bestimmten Bedingungen wieder zurückgefordert werden müssen und offene Auszahlungsansprüche erlöschen, erfordert eine entsprechende arbeitsrechtliche Vereinbarung. Eine belastbare Regelung der geforderten Voraussetzungen (erheblicher Beitrag zu schwachem oder negativem Geschäftsergebnis, Betrug oder vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten, das zu erheblichen Verlusten geführt hat) ist mit bisherigen arbeitsrechtlichen Grundsätzen nur schwer vereinbar. Deshalb werden voraussichtlich noch mehr Institute darüber nachdenken, die variable Vergütung ihrer Risk Taker auf auf maximal 50.000 Euro zu begrenzen, um sämtlichen Anforderungen rund um eine aufgeschobene Auszahlung oder gar Rückforderung zu vermeiden.
Handlungsanleitung für einzelne Vergütungselemente
Die neue Abgrenzung von fixer und variabler Vergütung in der Institutsvergütungsverordnung bringt auch Klarstellungen für die differenzierte Behandlung einzelner Vergütungselemente in der Umsetzung. Hier geht es jeweils um deren grundsätzliche Zulässigkeit, die Zuordnung zur fixen oder variablen Vergütung, die Berücksichtigung bei der Bonusobergrenze sowie bei Risk Takern um die Behandlung im Rahmen der aufgeschobenen Auszahlung.
Erfreulicherweise hat die Aufsicht ihr bisheriges Feindbild gegenüber Zulagen grundsätzlich korrigiert. Diese sind künftig ausdrücklich zulässig, dürfen aber natürlich nicht zur Umgehung von regulatorischen Bestimmungen gewährt werden. Bei Zulagenarten, die auf Grund einer unternehmensweit einheitlichen Regelung gewährt werden ist auch die Zuordnung zur Fixvergütung im Zweifel unstrittig (z. B. Markt- und Auslandszulagen).
Die Bestimmungen zur Zulässigkeit von Garantien (nur bei Neueinstellungen und für das erste Jahr der Beschäftigung) werden insoweit verschärft, als konzerninterne Wechsel nicht als Grundlage ausreichen. Außerdem sind Garantien nur dann nicht auf die Bonusobergrenze anzurechnen, wenn sie vor Beginn der neuen Tätigkeit zugesagt wurden. Immer gelten Garantien jedoch als variable Vergütung, ohne jedoch, dass diese bei Risk Takern im Rahmen der aufgeschobenen Auszahlung zu berücksichtigen sind.
Retention- oder Halteprämien sind weiter nur als Ausnahme zulässig und ganz normal als variable Vergütung zu behandeln.
Long Term Incentives, die einen Erfolg in der Zukunft honorieren (im Unterschied zum Performance Bonus, der den Erfolgsbeitrag in der Rückschau incentiviert) sind zulässig. Diese haben allerdings in der Marktpraxis bei Banken keine große Verbreitung. Die notwendige Einpassung des ungewissen Vergütungsbetrags in die vorgegebene Portionierung der variablen Vergütung im aufgeschobenen Auszahlungsmodell (Mindest-Anteile für Aufschiebungsanteile, Aufschiebungszeiträume u.a.) hat Long Term Incentives bei Banken weitgehend obsolet gemacht.
Zusätzliche Leistungen zur Betrieblichen Altersversorgung (statt Bonus) sind zwar zulässig aber wegen der komplexen Anforderungen an die Ausgestaltung im Rahmen des bestehenden Versorgungswerks schwierig umzusetzen (zwingend 100% in Instrumente und mind. 5 Jahre Zurückbehaltungszeitraum, Malus-Anforderungen umzusetzen).
Abfindungen als neues Handlungsfeld
Die Aufsicht hat die bisherige Praxis der Gewährung von Abfindungen als neues Handlungsfeld entdeckt. Bisher gab es in der Institutsvergütungsverordnung lediglich Anforderungen an die Offenlegung von gewährten Abfindungen (kumulierte Gesamtsumme, Anzahl und höchster Einzelbetrag). Künftig soll nun der in Teilen der Branche verbreiteten Kultur des „Golden Handshake“ auch mit inhaltlichen Vorgaben begegnet werden.
Als Teil des Vergütungssystems ist künftig eine Abfindungs-Policy schriftlich zu dokumentieren. Damit legt das Institut in einer unternehmensweit einheitlichen Regelung fest, wer unter welchen Voraussetzungen eine Abfindung erhalten kann und wovon deren Höhe abhängt. Neu sind auch die inhaltlichen Anforderungen an die Bemessung von Abfindungen (keine Honorierung von negativen Erfolgsbeiträgen oder Fehlverhalten, grob fahrlässigen Verstößen gegen interne Regeln, Anweisungen, Werte oder Vorgehensweisen und grundsätzlich keine Abfindung bei einer a.o. Kündigung nach § 626 BGB). Zu den Neuerungen zählt auch die kategorische Behandlung von Abfindungen als variable Vergütung und der daraus resultierenden Implikationen für die Berücksichtigung beim Gesamtbetrag der variablen Vergütung im Jahr der Gewährung und die Berechnung der Einhaltung der individuellen Bonusobergrenze. Eine ganz besondere Problematik ergibt sich zusätzlich bei Abfindungen, die an Risk Taker gewährt werden. Da die gewährten Abfindungen grundsätzlich als Teil der variablen Vergütung zu handhaben sind, sind sie auch wie diese aufgeschoben auszuzahlen. Erfreulicherweise bestehen hier zumindest Erleichterungen und Ausnahmen (z. B. für Abfindungen aus Sozialplänen oder gerichtlichen Urteilen bzw. sonstigen Abfindungen bis 200.000 Euro und maximal 200% der Fixvergütung des Mitarbeiters). Mehr als fraglich erscheint, wie hoch künftig die Erfolgsaussichten für Ausscheidensgespräche sein werden, falls die vereinbarte Abfindung nicht beim Ausscheiden fließen darf sondern stattdessen über Jahre aufgeschoben ausgezahlt wird – und das unter Anwendung von sämtlichen Malus-/Clawback- und sonstigen Bedingungen.
Umfassende Bedingungen für die Unabhängigkeit des Vergütungsbeauftragten
Die Anforderungen an die Unabhängigkeit des Vergütungsbeauftragten in bedeutenden Instituten werden erheblich ausgeweitet. Damit holt die BaFin Versäumnisse aus der letzten Novelle der Institutsvergütungsverordnung in 2014 nach. Da die Anforderungen an die fachliche Ansiedlung und hierarchische Aufhängung zu unscharf formuliert waren, hatten zahlreiche Institute Lösungen implementiert, bei denen aus Sicht der Aufsicht die unabhängige Überwachung anzuzweifeln war.
Um Interessenkollisionen in der praktischen Ausübung zu vermeiden, dürfen Vergütungsbeauftragte künftig nicht mehr gleichzeitig in Human Resources für Vergütungssysteme zuständig sein oder früher gewesen sein und auch keine weiteren Verantwortlichkeiten im Unternehmen haben (z. B. keine zusätzliche Leistungsaufgabe) und müssen zudem Vollzeit tätig sein. Die Ausnahmeregelungen unter denen auf die Exklusivtätigkeit und Vollzeit verzichtet werden kann, werden wohl nur von wenigen bedeutenden Instituten genutzt werden können (erfordert geringe Gesamtbelegschaft, wenige Risk Taker mit variabler Vergütung von 50.000 Euro und mehr, geringe Komplexität der Vergütungssysteme und Verhältnis fix – variable Vergütung kleiner als 1:0,5).
Dies wird im Markt zu einer Reihe von Neu-Bestellungen führen, bei denen ein Most-Senior-Experte auf einer entsprechend hohen hierarchischen Ebene eingesetzt werden wird. Institutsgruppen mit bedeutenden Töchtern werden zudem die in § 27 Abs. 4 InstitutsVergV vorgesehene Option eines Konzern-Vergütungsbeauftragten prüfen, um ihre Ressourcen zu optimieren. Obwohl die o.g. Anforderungen formal genauso auch auf den Stellvertreter des Vergütungsbeauftragten anzuwenden sind, dürfte die Aufsicht hier eher Handlungsspielräume für die Umsetzung geben.
Einbindung und Beiträge der Kontrolleinheiten konkretisiert
Die angemessene Einbeziehung der internen Kontrolleinheiten (Risikomanagement, Compliance, Revision und Human Resources) in die Ausgestaltung und Überwachung der Vergütungssysteme ist von Beginn an eine der Interventionen zur Erweiterung der Compensation Governance in den Banken (§ 3 Abs. 3 InstitutsVergV). Hierdurch soll die effektive Ausgestaltung des Vergütungssystems im Hinblick auf Erfolgsmessung, Risikoorientierung, Verknüpfung von Leistung und Vergütungsbeträgen inklusive der Risk Taker-Identifizierung sichergestellt werden.
Für die einzubeziehenden Einheiten gibt der Entwurf der überarbeiteten Auslegungshilfe zur Institutsvergütungsverordnung ein umfangreiches Pflichtenheft vor:
- Risikocontrolling und Compliance – Beurteilung der Auswirkungen auf das Mitarbeiterverhalten und das mit den Geschäften verbundene Risiko bei Festlegung des Gesamt-Bonuspools, von Leistungskriterien und der Vergütungsgewährung. Einbindung in die Identifizierung von Risk Takern und Gruppen-Risk Takern.
- Human Resources – Überwachung der Anwendung des Vergütungssystems (z. B. ob Zielvereinbarungs- und Zielerreichungsgespräche geführt werden und taugliche Ziele vereinbart werden).
- Interne Revision – Wiederkehrende Prüfungshandlungen zu den Vergütungssystemen und Berücksichtigung von Prüfungsberichten bei der jährlichen Überprüfung der Vergütungssysteme und Berichterstattung an das Aufsichtsgremium.
Neu ist, dass der Gesamtbetrag der variablen Vergütung zwingend unter angemessener Beteiligung der Kontrolleinheiten festgesetzt werden muss (§ 7 Abs. 1 InstitutsVergV).
Differenzierung bei der Offenlegung von Vergütungsangaben
Die bisherige Praxis der branchenbezogenen Offenlegung von Vergütungsangaben war durch einige Unzulänglichkeiten der Offenlegungsregelungen geprägt. Die über Art. 450 CRR hinaus gehenden Regelungen der Institutsvergütungsverordnung wurden deshalb neu gefasst. Die Vorschriften zur Offenlegung sehen eine Differenzierung der qualitativen und quantitativen Angaben für bedeutende und nicht-bedeutende Institute vor.
Während nicht-bedeutende Institute künftig lediglich die Pflichtangaben gemäß Art. 450 CRR machen müssen (allerdings für alle Mitarbeiter) haben bedeutende (CRR- und Nicht-CRR-)Institute noch darüber hinaus zu berichten (z. B. Erläuterungen, wie die regulatorischen Anforderungen erfüllt werden, Ausgestaltung der Vergütungssysteme von unterschiedlichen Mitarbeiterkategorien, wesentliche Veränderungen in der Vergütungsstrategie, Angaben zum eingerichteten Vergütungskontrollausschuss und quantitative Angaben zum Gesamtbetrag aller Vergütungen – unterteilt in fixe und variable Vergütung sowie die Anzahl der Begünstigten der variablen Vergütung).
Mehr Interventionen im Konzernzusammenhang
Die Umsetzung der regulatorischen Anforderungen an die Vergütungssysteme in einer arbeitsteilig agierenden Institutsgruppe werden weiter geschärft. Zwar bleiben Investmenttöchter zunächst weiter von den Regeln der Institutsvergütungsverordnung verschont und haben lediglich ihre eigenen sektoralen Vorschriften umzusetzen, doch entfallen die bisherigen Möglichkeiten, einzelne Tochtergesellschaften bei der Umsetzung der engen branchenbezogenen Vergütungsregeln außen vor zu lassen. Stattdessen ist der komplette aufsichtsrechtliche Konsolidierungskreis einzubeziehen.
Bereits bisher hatte die Offenlegung der qualitativen und quantitativen Vergütungsangaben grundsätzlich auf der höchsten konsolidierten Ebene zu erfolgen, d.h. im Konzern-Vergütungsbericht. Lediglich bedeutende Konzerntöchter haben daneben noch einen eigenen Vergütungsbericht zu veröffentlichen.
Für die Anhebung der 1:1-Obergrenze in Tochterunternehmen reicht künftig nicht mehr alleine die Zustimmung in der Eigentümerversammlung der Tochter. Zusätzlich ist auch eine entsprechende Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung des Mutterinstituts erforderlich. Zudem muss die Konzern-Vergütungsstrategie ausdrücklich ein höheres Verhältnis von fixer zu variabler Vergütung vorsehen.
Bei der Erfolgsmessung für die variable Vergütung von Risk Takern ist die Erfolgsebene Institutsgruppe nicht mehr wie bisher fakultativ, sondern beim Vorliegen entsprechender enger Konzernververflechtungen obligatorisch zu berücksichtigen. Auch wird die Autonomie von erfolgreichen Konzerntöchtern bei der Festsetzung und Auszahlung des jährlichen Gesamtbetrags der variablen Vergütung eingeschränkt. Zusätzlich zu den finanzwirtschaftlichen Anforderungen an die Tochter selbst (Risikotragfähigkeit, mehrjährige Kapitalplanung und Ertragslage) müssen diese Anforderungen auch auf Gruppenebene erfüllt werden. Ansonsten kann die Tochter keinen oder nur einen reduzierten Bonuspool auszahlen.
Dokumentation als Startpunkt für konforme Umsetzungen
Da die Vergütungssysteme nach § 25 a Abs. 1 KWG als Teil des Risikomanagements zu verstehen sind, gelten für die Vergütungssysteme auch die Grundsätze zur Dokumentation in den Organisationsrichtlinien (z. B. Handbücher). Bereits bisher sind die Eckpunkte zur Ausgestaltung (z. B. Vergütungselemente und -parameter, Risikoadjustierung) und Umsetzung (Beteiligte, Verantwortlichkeiten) zu dokumentieren.
Neu sind in der novellierten Institutsvergütungsverordnung erweiterte Dokumentationspflichten zu den Grundsätzen für die Bemessung und Auszahlung von Abfindungen, Regelungen zur Compensation Governance und für die Begründung der Zuordnung von Zulagen zur fixen Vergütung (insbesondere wenn nur an Risk Taker oder nur zur Einhaltung der Bonusobergrenze gewährt). Hinzu kommt eine Verschärfung der Anforderungen an die Dokumentation von Entscheidungsprozessen (insbesondere zur Festsetzung des Gesamtbetrags der variablen Vergütung). Hier sind künftig erhöhte Anforderungen an die Gestaltung von Beschlussvorlagen und -protokollen in Geschäftsleitung und Aufsichtsgremien zu erfüllen.
Fazit – Intelligente Lösungen gesucht
Unzweifelhaft ist, dass zumindest Teile der Bankenbranche durch unangemessene Vergütungssysteme zu den Verwerfungen an den Finanzmärkten in der letzten Finanzkrise beigetragen haben. Dennoch erscheint die Berechtigung der nicht enden wollenden Regulierungskaskade längst mehr als zweifelhaft. Die European Banking Authority (EBA) hat unlängst selbst in einem Bericht an die EU-Kommission einräumen müssen, dass durch die bisherige Regulierung weder die Anzahl der Einkommensmillionäre zurückgegangen ist, noch die variablen Vergütungen in der Branche tatsächlich stärker im Risiko stehen.
Die Aufsicht bleibt dennoch weiter auf dem eingeschlagenen Kurs ohne ihren Regulierungsansatz in Frage zu stellen. Immer lauter stellen Vergütungspraktiker daher die Sinnfrage: „Welche Anreizwirkung kann die variable Vergütung überhaupt noch entfachen im Hinblick auf das umfangreiche Bündel an inhaltlich-zeitlichen Restriktionen bei der Gewährung und Auszahlung?“
Deshalb beschäftigt sich die interne Diskussion vieler Entscheider intensiver als bei früheren regulatorischen Interventionen mit weiterführenden Lösungen. Dabei kommt nicht nur eine mögliche Abschaffung der variablen Vergütung in Betracht, sondern auch der Wechsel von individueller variablen Vergütung (Bonus) hin zu einfacheren Modellen der Erfolgsbeteiligung oder auch eine weitere Reduzierung der individuellen variablen Vergütungen auf maximal die Freigrenze von 50.000 Euro. Letzteres stellt ein probates Mittel dar, um die besonders schmerzhaften Auszahlungsbedingungen (inklusive des neuen Clawback) zu vermeiden.
Und die Reise geht weiter. Kaum ist die aktuelle Novelle auf dem Tisch, zeichnen sich bereits weitere Veränderungen ab. Nicht nur die anstehende Überarbeitung der CRD IV zur Anwendung des Proportionalitätsprinzips bei den Vergütungssystemen wird für weitere Novellierungen der Institutsvergütungsverordnung und ergänzender regulatorischer Vorgaben sorgen. Auch bringen neue bzw. überarbeitete Guidelines der EBA zusätzlichen Handlungsbedarf für deren Umsetzung in nationales Recht.
Regulierungsgeschwindigkeit erfordert Qualifizierung
Insbesondere die Neuerungen aus der novellierten Institutsvergütungsverordnung und ihrer umfangreichen Auslegungshilfe sowie die diversen EBA-Initiativen bescheren den Vergütungspraktikern für das neue Jahr wieder einen hohen Informations- und Weiterbildungsbedarf.
Für weitere Details zu den Veranstaltungen und zur Anmeldung folgen Sie bitte dem nachstehenden Link: https://compgovernance.de/compensation-governance/