Der EU-Gesetzgeber hat in der CRD V auch vergütungsbezogene Regelungen neu gefasst. Am 22. April 2020 hat das BMF mit dem Risikoreduzierungsgesetz (RiG) seinen Vorschlag zur nationalen Umsetzung vorgelegt. Im Mittelpunkt des Referentenentwurfs stehen Anpassungen im KWG. Die CRD V-Umsetzung erfolgt letztlich nahezu 1:1 und bringt zum Teil eher Verschärfungen.
Im Ergebnis kommt es nicht zu den erhofften Erleichterungen aus dem neu gefassten Proportionalitätsprinzip. Im Gegenteil, die Bestimmungen zur Einstufung werden ebenso verschärft wie die Anwendung auf Investmenttöchter. Die Anforderungen an die Risk Taker-Ermittlung werden auch auf die kleineren Institute ausgeweitet. Zusätzlich schärft die Aufsicht ihre Sanktionsmöglichkeiten bei staatlichen Hilfen und Verstößen.
Die Überarbeitung der Umsetzungsregelungen in der InstitutsVergV und der begleitenden Auslegungshilfe steht noch aus. Da BMF und BaFin bei den bisherigen Überarbeitungen immer für Überraschungen gut waren, bleibt der tatsächliche Impact für die Vergütungspraxis weiter abzuwarten. Klar ist, die Vergütungssysteme geraten im Jahr 2020 nicht nur in einen Stresstest aus den Corona-Folgen, sondern auch erneut in den regulatorisch bedingten Werkstattbetrieb.
CRD V und neue Proportionalität
Nur die als bedeutend eingestuften Institute fallen unter den Anwendungsbereich der besonderen Anforderungen an die Vergütungssysteme. Die Folge sind erweiterte Governance-Regelungen und komplexe Regelungen zur Ausgestaltung und Umsetzung der Risk Taker-Vergütung. Aus der Neufassung des Proportionalitätsprinzips sollten eigentlich Erleichterungen für die Institute resultieren. Was als großer Schritte nach vorne gedacht war verpufft für die Vergütungspraxis aber wohl völlig.
§ 1 Abs. 3c KWG-E regelt die künftige Einstufungslogik und ersetzt den bisherigen § 25n KWG. Bezogen auf die Bilanzsummengrenze nutzt der deutsche Gesetzgeber dabei seinen Umsetzungsspielraum. Er hebt den von der EU auf 5 Mrd. Euro festgelegten Schwellenwert auf die maximal möglichen 15 Mrd. Euro an. Damit wird aber letztlich nur die bisher geltende und stark kritisierte Regelung erhalten. Zumindest der drohende Super-Gau konnte abgewendet werden. Eine Einstufung ab 5 Mrd. Euro hätte zahlreiche weitere Institute erstmals unter den Anwendungsbereich der Risk Taker-Anforderungen gebracht. Offen bleibt allerdings wie die geforderten institutsbezogenen Voraussetzungen für die Anwendung der 15 Mrd. Euro im Einzelfall umsetzt werden sollen (Art. 94 Abs. 3 CRD V).
Bislang ist bei der Einstufung die Bilanzsumme im Durchschnitt der letzten drei Geschäftsjahre zu berücksichtigen. Die Neuregelung sieht hierfür nunmehr vier Jahre vor. Anders als bisher besteht oberhalb dieser Schwelle künftig keine Möglichkeit mehr zur Befreiung von den besonderen Vergütungsvorschriften. Alle Institute, die sich bisher durch eine eigene Risikoanalyse gemäß § 25n Abs. KWG (alt) von dem Status als bedeutendes Institut exkulpieren konnten, werden damit künftig bedeutend sein.
Jedes Institut hat „Geborene Risk Taker“
Die nicht-bedeutenden Institute sind bislang von den Risk Taker-Besonderheiten verschont. Die neue Proportionalität bringt hier deutliche Verschärfungen, denn künftig gelten in allen CRR-Instituten und in sonstigen Instituten, die bedeutend sind, bestimmte Personengruppen zwingend als Risk Taker (Art. 92 Abs. 3 CRD V). Davon ausgenommen sind lediglich Leasing- und Factoringinstitute (§ 2 Abs. 7a KWG-E).
Nach § 1 Abs. 21 KWG-E sind alle Geschäftsleiter und Mitglieder der Aufsichtsgremien als Risk Taker gesetzt. Zusätzlich sind weitere Führungskräfte und Mitarbeiter zu bestimmen. Gemäß § 25a Abs. 5b Satz 1 KWG-E sind alle Mitarbeiter der nachgelagerten Führungsebene (Senior Management) betroffen. Mitarbeiter weiterer Führungsebenen sind nur zu identifizieren, sofern sie Managementverantwortung für Kontrollfunktionen oder wesentliche Geschäftsbereiche des Instituts haben. Hinzu kommen Mitarbeiter deren Gesamtvergütung im Vorjahr einen bestimmten Schwellenwert erreicht hat. Der Schwellenwert beträgt grundsätzlich 500.000 Euro. Er kann höher liegen, sofern die durchschnittliche Gesamtvergütung aller Geschäftsleiter, Mitglieder des Aufsichtsgremiums sowie der Mitarbeiter des Senior Managements darüber liegt. Mitarbeiter, die lediglich anhand ihrer Gesamtvergütung ermittelt werden, können dennoch ausgenommen werden (De-Identifizierung). Voraussetzung ist, dass sie tatsächlich nicht über relevante Risikobefugnisse in einem wesentlichen Geschäftsbereich verfügen.
Von dieser Neuregelung ist der Großteil der deutschen Institute betroffen. Sie hat bei vielen Vertretern kleiner Institute zu einem lauten Aufschrei geführt. Aber bei Lichte besehen werden die Folgen für die Praxis eher überschaubar sein: Der Umsetzungsaufwand für die Ermittlung sollte im Hinblick auf die geringen Unternehmensgrößen gering sein. Zudem bleibt die Identifizierung als Risk Taker in nicht-bedeutenden Instituten ohne materielle Folgen für die Vergütung. Die besonderen Vergütungsanforderungen der §§ 18 ff. InstitutsVergV sind weiterhin nur von den ca. 60 bedeutenden Instituten anzuwenden.
Risk Taker in bedeutenden Instituten
in allen bedeutenden Instituten sind gemäß § 25a Abs. 5b Satz 2 KWG-E zusätzlich im Rahmen einer umfassenden eigenständigen Risikoanalyse die Selektionskriterien der Verordnung (EU) 604/2014 anzuwenden. Die EBA hat ihren Kriterienkatalog für die Ermittlung der Risk Taker bereits überarbeitet und konsultiert (EBA/CP/2019/16 vom 19. Dezember 2019).
Wesentliche Neuerungen beziehen sich auf die quantitative Selektion anhand der individuellen Gesamtvergütung und hier insbesondere auf die De-Identifizierung. Trotz einer relevanten Höhe der individuellen Gesamtvergütung können Mitarbeiter weiter aus dem Risk Taker-Kreis herausgenommen werden, falls sie nicht über relevante Risikobefugnisse verfügen. Derartige Herausnahmen können grundsätzlich als Einzelfälle von der Geschäftsleitung und mit Kenntnis des Aufsichtsgremiums entschieden werden. Ab 750.000 Euro ist darüber hinaus die vorherige Zustimmung der relevanten Aufsichtsbehörde erforderlich. Diese darf ab 1 Mio. Euro aber nur noch in absoluten Ausnahmefällen erteilt werden (EBA/CP/2019/16 vom 19. Dezember 2019).
Im Vergleich zur bisherigen quantitativen Risk Taker-Selektion setzt der Gesetzgeber damit trotz einzelner Unklarheiten für die Umsetzung am besseren Ende an. Die für die Praxis bislang schwierige Identifizierung anhand der jährlich neu zu bestimmenden „Risk Taker-Vergütungshürde“ (EBA/RTS/2013/11, Art. 4, Ziff. 1c) entfällt künftig.
Bonus Cap für Asset Management-Töchter
Die Vergütungs-Anforderungen der CRD sind grundsätzlich auch für bestimmte Mitarbeiter in Tochterunternehmen anzuwenden (Art. 109 Abs. 5 CRD V). Damit können in Deutschland unter anderem auch nachgeordnete Kapitalverwaltungsgesellschaften von den Regeln der InstitutsVergV betroffen sein.
Bei der letzten Novelle der InstitutsVergV in 2017 war gerade die Einbeziehung von Investment-Töchtern unter die InstitutsVergV aufgehoben worden. Seitdem sind diese nicht mehr bei der Umsetzung der InstitutsVergV mittels Gruppen-Vergütungsstrategie und der Einbeziehung bei der Ermittlung von Gruppen-Risk Takern zu berücksichtigen (§ 27 Abs. 1 und 2 InstitutsVergV). Dies schien nachvollziehbar, denn diese Mitarbeiter fallen bereits unter die sektorspezifischen Vergütungsvorgaben des § 37 KAGB.
Die Verordnungsermächtigung in § 25a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 KWG-E wird bezogen auf die Umsetzung in Tochterunternehmen erweitert. Damit werden neben den Kapitalanlagegesellschaften auch weitere Töchter mit eigenen sektoralen Vergütungsbestimmungen von der Anwendung der InstitutsVergV im Gruppenzusammenhang befreit werden (z . B. Wertpapierinstitute). Zu regeln ist dabei die Behandlung von Gruppen-Risk Takern in diesen Töchtern.
Schärfung der Aufsichtsbefugnisse
Im Risikoreduzierungsgesetz (RiG) werden die Sanktionsinstrumente der Aufsicht geschärft. So kann die Aufsicht bei Verstößen gegen die Angemessenheit der Vergütungssysteme nicht nur Entnahmen und Gewinnausschüttungen begrenzen oder sogar untersagen, sondern auch die Auszahlung von variabler Vergütung (§ 45 KWG-E).
Danach kann die Aufsicht grundsätzlich die Begrenzung oder Streichung des Gesamtbetrages der variablen Vergütung anordnen oder auch die konkrete Auszahlung von variablen Vergütungsbestandteilen (§ 45 Ziff. 10 KWG-E). Die Anordnung kann sich auch auf aufgeschobene Auszahlungstranchen aus früheren Geschäftsjahren beziehen (§ 45 Abs. 8 KWG-E). Auch die spätere Nachholung der untersagten Auszahlung kann unterbunden werden. Dies gilt insbesondere bei staatlichen Unterstützungsmaßnahmen oder bei Vergütungssystemen, die einem wirksamen Risikomanagement des Instituts entgegenstehen (§ 45 Abs. 7 KWG-E).
Der Gesetzgeber bestimmt, dass aus Vergütungsregelungen im Anstellungsvertrag, die einer vorstehenden Anordnung entgegenstehen, keine Rechte abgeleitet werden können (§ 45 Abs. 9 KWG-E). Hiermit sollen jegliche Zweifel an der Wirksamkeit und der Durchsetzbarkeit entsprechender aufsichtlicher Anordnungen gegenüber dem Vergütungsempfänger von vornherein beseitigt werden.
Regulatorik Knowhow bleibt erfolgskritisch
Mit dem vorgelegten Risikoreduzierungsgesetz (RiG) und den noch ausstehenden Neufassungen von BaFin und EBA geht die Reise für die Vergütungssysteme der Banken auch 2020 weiter! Die Breite und Tiefe der regulatorischen Anforderungen an die Bonussysteme erfordert einen zeitnahen Knowhow-Transfer für die Praktiker.
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