Banken und ihre Vergütung stehen traditionell im Scheinwerferlicht. Die jährlichen Vergütungsberichte der Institute und regelmäßige Erhebungen der Bankenaufsicht bieten immer wieder Stoff für neue Schlagzeilen. Im Fokus der Medien stehen vor allem die Personen mit einer Gesamtvergütung von mehr als 1 Mio. Euro.
Die Kommentare zu den so genannten High Earnern in Banken finden eine hohe Aufmerksamkeit, versäumen aber meist den klärenden Blick auf die dahinter liegende Vergütungspraxis. Die öffentliche Diskussion wird weiter gehen, zumal BaFin und EBA gerade erst ihre Anforderungen an die Institute erneuert haben.
High Earner im Fokus
Die im Vergleich zu anderen Branchen häufig exorbitant hohen Vergütungsniveaus waren von Beginn an eines der Feindbilder der Bankenaufsicht bei der Regulierung der Vergütungssysteme in der Finanzbranche. Mit dem Ziel einer Eingrenzung haben Gesetzgeber und Bankenaufsicht hierzu verschiedene Vorgaben gemacht.
Mit der Begrenzung der zulässigen variablen Vergütung im Verhältnis zur Fixvergütung (Bonus Cap, § 25a Abs. 5 KWG) soll sichergestellt werden, dass es zu keiner signifikanten Abhängigkeit des Mitarbeiters von der variablen Vergütung kommt. Zusätzlich wurden Regelungen für Personen mit besonders hohen Vergütungen eingeführt: Personen, deren Gesamtvergütung im vorangegangenen Jahr 1 Mio. Euro oder mehr betragen hat, sind in der Regel unabhängig von ihrer Aufgabenstellung als Risk Taker einzustufen (Art. 6, Abs. 1 und 4 Delegierte Verordnung (EU) 2021/923). Damit gelten für diese regelmäßig die besonderen Anforderungen bei risikoadjustierter Festsetzung und Auszahlung der variablen Vergütung. Zudem ist die Gesamtanzahl der High Earner (sogar aufgeteilt nach Vergütungsbandbreiten) vom Institut im jährlichen Vergütungsbericht zu veröffentlichen.
Transparenz aus Vergütungsberichten
Die weitreichende Offenlegung von Vergütungsangaben ist ein Alleinstellungsmerkmal der Finanzbranche. Für Unternehmen in anderen Branchen kommen (wenn überhaupt) nur allgemeine rechtsform-bezogene Vorschriften zur Anwendung: betroffen sind hier insbesondere (börsen-notierte) mittelgroße und große Kapitalgesellschaften. Diese haben jedoch nur Bezüge ihrer Aufsichts- und Geschäftsleitungsorgane im Anhang zum Jahresabschluss zu veröffentlichen (§ 285 HGB, § 162 AktG). Vergütungsangaben zu den Beschäftigten sind nicht zu veröffentlichen.
Für Kreditinstitute sind dagegen dezidierte (kumulierte) Angaben zu den gewährten Vergütungen des vorangegebenen Jahres für die Mitglieder der Aufsichts- und Geschäftsleitungsgremien sowie auch für die Mitarbeiter zu veröffentlichen. Im besonderen Fokus stehen die Personen, die als Risk Taker eingestuft sind. Da es sich bei diesen meistens um besonders erfolgskritische und in der Unternehmenshierarchie hochstehende Personen handelt, verfügen sie auch über entsprechend hohe Individualvergütungen. Im Vergütungsbericht sind High Earner in Banken in einem eigenen Tabellenformat darzustellen (siehe Durchführungsverordnung (EU) 2021/637, Meldebogen EU/REM4).
Insgesamt bringt die Offenlegung zu den Vergütungssystemen eine hohe Transparenz über Vergütungshöhen und -strukturen über alle Hierarchieebenen im Institut. Die Qualität der veröffentlichten Angaben wurde durch mehrfache Verschärfungen der Offenlegungsanforderungen gestärkt. Vor allem die breite definitorische Vorgabe, welche erhaltenen Leistungen als Vergütung einzubeziehen sind (z.B. auch die jährlichen Aufwendungen für Zusagen zur Altersversorgung) und wie diese in ihrer Höhe einheitlich und zutreffend zu bestimmen sind hat den Qualitätsstandard der Vergütungsoffenlegung deutlich erhöht.
Anzeigepflichten an die Aufsicht
Nicht nur die Institute selbst, sondern auch die Bankenaufsicht veröffentlicht regelmäßige Analysen zu den High Earnern in Banken. Im Rahmen ihres allgemeinen Mandats zum Monitoring der Vergütungspraxis im EU-Bankenmarkt erhebt und veröffentlicht die European Banking Authority (EBA) regelmäßig auch Angaben zu den High Earnern in der EU. Gerade erst hat die EBA ihre Leitlinien zu den damit entsprechenden Datenerhebungen mit Wirkung zum 31. Dezember 2022 erneuert (siehe EBA/GL/2022/08).
Zur Umsetzung dieser Neuerungen hat der nationale Gesetzgeber seine bisherigen Regelungen in § 24 Abs. 1a Nrn. 5 und 6 KWG und § 9a AnzV anzupassen. Im Hinblick auf den andauernden Gesetzgebungsprozess hat die Bafin am 8. Februar 2023 eine Allgemeinverfügung bzgl. der Vergütungsanzeigen zum Meldestichtag 31.12.2022 veröffentlicht, als Grundlage für die erstmalige Meldung zum Meldestichtag 31.12.2022 (zu melden bis zum 31.08.2023). Dabei sind von den Instituten weiter wie bisher auch umfangreiche Angaben zur Anzahl und Aufteilung der High Earner zu übermitteln.
Mengengerüste ansteigend
Vergleicht man die veröffentlichten Mengengerüste der High Earner in Banken zeigen sowohl die unternehmensbezogenen Vergütungsberichte der Institute in Deutschland wie auch die regelmäßigen EU-weiten Erhebungen der EBA einen signifikanten Anstieg der High Earner-Zahlen – und das sowohl für die gesamte EU wie auch isoliert für den deutschen Markt.
Die Vergütungsberichte der Top 50 Kreditinstitute in Deutschland zeigen für den Zeitraum 2019 bis 2021 einen Anstieg der High Earner-Anzahl um etwa 20% auf insgesamt 918. Davon entfielen alleine 520 (57%) auf den Branchenprimus Deutsche Bank. Insgesamt 818 High Earner (90%) wurden von den 10 Instituten mit den meisten High Earnern veröffentlicht. Hier dominieren zusätzlich die Deutschland- bzw. Europa-Töchter der großen US-Banken.
Institut/Gruppe | Top 10 Institute in Deutschland mit höchsten High Earnern in 2021 |
Deutsche Bank | 520 |
Goldman Sachs Europe | 95 |
J.P. Morgan SE | 85 |
Morgan Stanley Europe | 31 |
UBS Europa | 28 |
BayernLB | 17 |
Citigroup Global Markets Europe | 16 |
Commerzbank | 13 |
DZ Bank | 12 |
Unicredit Bank | 11 |
Der am 19. Januar 2023 veröffentlichte Bericht der EBA (EBA/REP/2023/05 vom Januar 2023) zeigt für den gleichen Zeitraum sogar einen EU-weiten Anstieg der High Earner um etwa 35% . Dabei stieg deren Anzahl alleine in 2021 um 41,5 % (auf insgesamt 1.957). Dies ist der höchste Wert den die EBA seit Beginn ihrer Erhebungen im Jahr 2010 ermittelt hat.
Der Großteil der High Earner entfällt auf wenige Länder. Für Deutschland zeigt die EBA für 2021 589 High Earner, was immerhin etwa ein Drittel aller EU-High Earner ausmacht. Von diesen verfügen wiederum ca. 80% über eine Gesamtvergütung zwischen 1 und 2 Mio. Euro. Immerhin gut 5% verdienten 2021 aber auch mehr als 5 Mio. Euro.
Was bedeutet das für den Erfolg der Regulierung?
Für viele Beobachter ist die Eindämmung der zum Teil als exorbitant angesehenen Vergütungshöhen ein zentrales Anliegen der Vergütungsregulierung von Banken. Damit scheinen die über die letzten Jahre zunehmenden Anzahlen von High Earnern in Banken vordergründig den gewollten Regulierungserfolg zu konterkarieren. Nach dem Ausscheiden des UK im Rahmen des Brexit gerät Deutschland stärker in den Fokus. Dabei lohnt sich ein vertiefter Blick auf die Ursachen und Zusammenhänge gerade im deutschen Markt:
Der Anstieg der High Earner in Deutschland im Zeitraum 2019 bis 2021 steht eindeutig im Zusammenhang mit der insgesamt verbesserten Ertragslage vieler Institute. Dies gilt nicht nur aber insbesondere für die Geschäftsfelder Investment Banking sowie Sales & Trading.
Dabei hat die anhaltende Verlagerung von Mitarbeitern und ganzen Teams aus US und UK im Rahmen des Brexit auch zu allgemeinen Anstiegen der Vergütungen insbesondere am Bankplatz Frankfurt geführt.
Bei etlichen der Top 50 Institute in Deutschland wirken sich aber auch die zum Teil recht teuren Zusagen für die Altersversorgung auf die Gesamtvergütungshöhen ihrer Top-Verdiener aus. Der Finanzierungsaufwand für diese Zusagen ist nach den geschärften regulatorischen Anforderungen zwingend bei der Vergütungsbemessung zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die allgemeinen geld- und zinspolitischen Rahmenbedingungen hat sich deren Finanzierungsaufwand in den letzten Jahren signifikant erhöht. Dies treibt die Gesamtvergütungshöhen und auch die Risk Taker-Mengengerüste. Ursächlich sind vor allem so genannte leistungsorientierte Pensionszusagen, die zwar längst nicht mehr marktüblich sind, deren Umstellung auf günstigere beitragsorientierte Modelle offensichtlich aber offensichtlich von vielen Instituten versäumt wurde.
Viel Rauch um Nichts?
Eine Hohe Anzahl an High Earnern oder hohe Vergütungen alleine sind nicht per se kritisch, sofern die Vergütungshöhen durch einen entsprechenden Verantwortungsumfang und herausragende sowie nachhaltige Leistungs- und Erfolgsbeiträge begründet sind.
Damit stellt der nachhaltige Unternehmenserfolg in jedem Einzelfall die Benchmark für eine kritische Bewertung der Zahlen für High Earner in Banken dar und auch für die sich daraus widerspiegelnden Vergütungsniveaus. Die Verantwortung für die Angemessenheit der Vergütungshöhen und -strukturen liegt ausdrücklich und richtigerweise beim Management des Unternehmens (siehe § 25d KWG und §§ 3 und 15 InstitutsVergV). Für dessen Entscheidungen sollten folgende Regeln als Rahmen gelten:
- Die Bemessung der Fixvergütung berücksichtigt den Aufgaben- und Verantwortungsumfang der ausgeübten Funktion.
- Die Höhe der erfolgsabhängigen variablen Vergütung basiert auf nachhaltigen und risikoadjustierten Erfolgsgrundlagen.
- Die gewährten Nebenleistungen (insbesondere in der Altersversorgung) sind marktgerecht und verursachen einen angemessenen Vergütungsaufwand für das Unternehmen.
Während vermeintlich üppige Gehälter in anderen Branchen weitgehend unbeachtet bleiben (siehe z.B. die goldenen 1990er Jahre in der Automobilindustrie) wird die hohe Sensibilität der Öffentlichkeit gegenüber den Banken und ihren (besonders hohen) Vergütungen auch in Zukunft bestehen. Die regulatorisch etablierten Instrumente in der Offenlegung sowie im Meldewesen werden hierfür sorgen. Insofern wird für die Institute die Notwendigkeit zum angemessenen Umgang mit den High Earner-Schlagzeilen bestehen bleiben. Dabei sind inhaltlich gut gemachte Vergütungskonzepte naturgemäß auch gut zu kommunizieren.