WpIVergV als Kernstück der Vergütungsregulierung für Wertpapierinstitute

Neustart für den Vergütungsbericht

Die Regulierung der Vergütungssysteme in Finanzunternehmen hat auch Anforderungen an die Publizität von Vergütungsangaben gebracht. Hierfür wurden die allgemeinen handels- und gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen zur Offenlegung erweitert. Die branchenspezifischen Vorgaben wurden im Rahmen der Umsetzung des EU-Bankenpakets weiter verschärft.

Die neuen Regelungen sind erstmals auf den Vergütungsbericht für 2021 anzuwenden. Die Umsetzung erscheint für die Praxis in Teilen durchaus herausfordernd.

Neuerungen im Überblick

Die Pflichtangaben zur Vergütung der Risk Taker wurden durch die Neuerungen geschärft. Die Anforderungen für die große Mehrzahl der nicht-bedeutenden Institute wurden gleichzeitig neu geordnet. Hierzu bestand Handlungsbedarf, da auch die kleinen und mittelgroßen Institute ab 2021 erstmals Risk Taker in ihrer Organisation ermitteln müssen. Damit greifen jetzt auch hier die EU-Vorschriften zum Vergütungsbericht, die bislang mangels Risk Takern ins Leere gelaufen waren.

Mit der inhaltlichen Nachbesserung einher gehen neue Vorgaben für die Aufbereitung der quantitativen Vergütungsangaben. Durch die Vorgabe von einheitlichen Tabellenformaten wollen die Aufseher die institutsübergreifende Vergleichbarkeit stärken und Synergien im Hinblick auf die parallelen Prozesse im aufsichtlichen Meldewesen schaffen. Zusätzlich erhöhen die Aufseher den Aufmerksamkeitsgrad für den Vergütungsbericht mit geschärften Vorgaben für die Vergütungs-Governance.

Vergütung und Risikoberichterstattung

Transparente Vergütungssysteme sind eine der aufsichtsrechtlichen Stoßrichtungen bei der Vergütungsregulierung. Die besonderen Offenlegungsanforderungen an die Vergütungssysteme sind ein Alleinstellungsmerkmal der Finanzbranche.

Für die Aufseher sind Vergütungssysteme Teil des ganzheitlichen Risikomanagements des Instituts (§ 25a Abs. 1 Nr. 6 KWG). Damit unterliegen die Vergütungssysteme auch den Anforderungen an die Offenlegung zur Risikopolitik des Unternehmens. Der EU-Gesetzgeber hat hierzu in seiner Capital Requirements Regulation (CRR) umfangreiche Anforderungen fixiert (Abschnitt 8, Art. 431 ff.). Die Anforderungen beinhalten auch dezidierte Angaben zur Vergütungspolitik (Art. 450). Gleichzeitig differenziert die CRR auch den Umfang der Risk Taker-Angaben für große, kleine und nicht-komplexe sowie andere Institute (Art. 433 CRR).

Damit sind die Angaben zur Vergütungspolitik auch grundsätzlich Teil des allgemeinen CRR-Risikoberichts. Die Mehrzahl der Top 50 Banken in Deutschland weist ihre Vergütungsangaben jedoch in einem separaten Vergütungsbericht aus. Für 2020 hat nur etwa jede Dritte der Top 50 Banken ihre Vergütungsangaben tatsächlich im CRR-Risikobericht oder Geschäftsbericht offengelegt.

Obwohl der separate Vergütungsbericht zulässig ist gelten für ihn ebenfalls die allgemeinen Vorgaben zum CRR-Risikobericht. Die Offenlegung des Vergütungsberichts hat „am Tag der Veröffentlichung des Jahresabschlusses zu erfolgen bzw. so zeitnah wie möglich danach“. Als zeitnah gilt bis 4 Wochen nach Veröffentlichung des Jahresabschlusses (Art. 433 Satz 2 CRR i. V. § 26a KWG). Für 2020 hatten immerhin etwa die Hälfte der Top 50 Banken in Deutschland ihren Vergütungsbericht bis Ende Juni des Folgejahres veröffentlicht. Die restlichen Top Banken haben ihre Berichte im 3. oder sogar erst im 4. Quartal 2021 offengelegt.

Anders als z. B. im aktienrechtlichen Vergütungsbericht (§ 162 AktG) oder in landesrechtlichen Transparenzvorgaben für öffentlich-rechtliche Unternehmen (z. B. NRW-Vergütungsoffenlegungsgesetz vom 17.12.2009) werden im branchenbezogenen Vergütungsbericht keine Individualvergütungen veröffentlicht, sondern immer nur kumulierte Vergütungsbeträge für definierte Personengruppen.

Art. 450 CRR

Ausgangspunkt der branchenspezifischen Offenlegung von Vergütungsangaben ist die Regelung des Art. 450 CRR. Hier hat der EU-Gesetzgeber per Verordnung – und damit EU-weit einheitlich – die Offenlegung für die Personen geregelt, die durch ihre Tätigkeit einen signifikanten Einfluss auf das Risikoprofil des Unternehmens ausüben (Risk Taker). Für Nicht-Risk Taker sieht das EU-Recht dagegen keinerlei Veröffentlichungspflichten vor.

Grundsätzlich haben alle Kreditinstitute den umfangreichen Katalog der aufgelisteten Vergütungsangaben für ihre Risk Taker offenzulegen. Danach sind im Vergütungsbericht Angaben zu den zentralen Vergütungssachverhalten zu veröffentlichen:

  • Compensation-Governance
  • Gestaltungsmerkmale des Vergütungssystems
  • Vergütungsstruktur
  • Erfolgskriterien und Instrumente der variablen Vergütung
  • Besondere Vergütungselemente (Abfindungen, Garantien)
  • Gezahlte Gesamtvergütung
  • High Earner

Im Rahmen des EU-Bankenpakets von 2019 (CRR II) war der umfangreiche Katalog des Art. 450 CRR  für den Vergütungsbericht nochmals geschärft worden – im Wesentlichen im Hinblick auf eine stärkere Differenzierung bei:

  • Fixen Vergütungselementen
  • Sofort- und Deferral-Anteilen in der variablen Vergütung
  • Malus-Reduzierungen
  • Abfindungen
  • Inanspruchnahme von Erleichterungen (Einstufung, Auszahlungs-Freigrenze).

Ergänzende Tabellenformate der DVO (EU)

Für die EU-weit einheitliche Anwendung des Art. 450 CRR hat der EU-Gesetzgeber auf Vorschlag der European Banking Authority (EBA) Umsetzungsstandards festgelegt. Die neue Durchführungsverordnung (EU) 2021/637 vom 15. März 2021 ist mit ihrem Inkrafttreten anzuwenden. Art. 17 der Durchführungsverordnung (EU) 2021/637 gibt insgesamt sechs verschiedene Tabellenformate „ als unveränderlich“ vor:

  • Allgemeine Vergütungspolitik (qualitativ)
  • Für das Geschäftsjahr gewährte Vergütungen (quantitativ)
  • Gewährte Garantien und Abfindungen (quantitativ)
  • Zurückbehaltene Vergütungen (quantitativ)
  • Individual-Vergütungen ab 1 Mio. Euro und mehr (quantitativ)
  • Kumulierte Gesamt-Vergütungen nach Geschäftsfeldern (quantitativ)

Durch die einheitlichen Tabellenformate sollen Transparenz und Vergleichbarkeit verbessert werden. Die Breite und Tiefe der Tabellenformate reflektiert Umfang und Komplexität der Vergütungssysteme in großen Instituten bzw. Gruppen. Für kleinere Institute bzw. solche mit weniger komplexen Vergütungssysteme (z. B. keine aufgeschobene Auszahlung, keine Instrumente) werden zahlreiche Zeilen und Spalten ohne Angaben bleiben. Ob ein Weglassen nicht relevanter Tabellenteile im Hinblick auf die „Unveränderlichkeit“ der Tabellenvorgaben zulässig ist, wird sich wohl erst aus der laufenden Aufsichtspraxis ergeben.

Darüber hinaus versucht die Aufsicht, die Formate für Meldewesen und Offenlegung weitgehend zu harmonisieren. Die neuen Tabellenformate für die Offenlegung finden deshalb bereits Eingang in die aktuellen Überarbeitungen der EBA Guidelines zum Meldewesen. Die EBA hat in diesem Zusammenhang auch die entsprechende Überarbeitung ihrer Guidelines on remuneration and gender pay gap benchmarking exercise for banks and investment firms sowie der Guidelines on data collection exercises regarding high earners konsultiert.

§ 16 InstitutsVergV

Für den deutschen Gesetzgeber waren die EU-rechtlichen Vorgaben des Art. 450 CRR von Beginn an nicht ausreichend. So hat er in der InstitutsVergV weitere Offenlegungsanforderungen – auch für Nicht-Risk Taker – umgesetzt. Dabei sieht § 16 InstitutsVergV eine Differenzierung dieser zusätzlichen qualitativen und quantitativen Angaben für Institute abhängig von Ihrer Einstufung vor.

Institute, die nach § 1 Abs. 3c KWG als bedeutend eingestuft sind berichten im Vergütungsbericht zusätzlich nach § 16 Abs. 1 InstitutsVergV zur Gesamtvergütung sämtlicher Mitarbeiter (Risk Taker und Nicht-Risk Taker, unterteilt in fixe und variable Vergütung, Anzahl der Begünstigten der variablen Vergütung) entlang ihrer Geschäftsbereichsstruktur und zusätzlichen qualitativen Angaben zu:

  • Unterschiedlichen Vergütungssystemen im Institut/Konzern
  • Konkreten Umsetzungen der regulatorischen Anforderungen
  • Einrichtung, Zusammensetzung und Aufgaben des Vergütungskontrollausschusses

Die in 2021 novellierte InstitutsVergV 4.0 hat die Offenlegung für die große Mehrzahl der Institute, die nicht-bedeutend sind wieder mal neu gefasst. Hintergrund ist die Neuregelung des § 1 Abs. 21 i. V. 25a Abs. 5b KWG wonach erstmals auch kleine und mittlere Institute Risk Taker ermitteln müssen.

  • Im Ergebnis berichten börsennotierte kleine und nicht-komplexe Institute zusätzlich nach § 16 Abs. 2 InstitutsVergV bezogen auf sämtliche Mitarbeiter zum Gesamtbetrag aller Vergütungen (unterteilt in fixe und variable Vergütung, Anzahl der Begünstigten der variablen Vergütung). Nicht-börsennotierte kleine und nicht-komplexe Institute (insbes. mit Bilanzsumme bis 5 Mrd. Euro) haben keine Offenlegungspflichten zu den Vergütungssystemen nach der InstitutsVergV.
  • Andere Institute gemäß Art. 433 c CRR (Bilanzsumme zwischen 5 und 15 Mrd. Euro) berichten ebenfalls nach § 16 Abs. 2 InstitutsVergV.
  • Befreit sind dagegen alle nicht-bedeutenden Förderinstitute und sonstigen nicht-bedeutenden Nicht-CRR-Institute (§ 1 Abs. 2 InstitutsVergV).
  • Wertpapierinstitute (Art. 51 IFR, § 14 WpI-VergV-E) und Kapitalverwaltungsgesellschaften ) verfügen über eigene sektorale Offenlegungsanforderungen.

§ 27 InstitutsVergV

Grundsätzlich ersetzt die Einbeziehung in den Gruppen-Vergütungsbericht den eigenen Vergütungsbericht auf Institutsebene (Art. 13 Abs. 1 CRR i. V. § 16 Abs. 5 InstitutsVergV). Für Kapitalverwaltungsgesellschaften (die keine Institute sind und damit auch nicht unter die CRR fallen) ist dagegen trotz Einbeziehung in den Gruppen-Vergütungsbericht ein eigener Vergütungsbericht erforderlich (§ 37 KAGB).

Nur für nachgeordnete Töchter, die selbst bedeutend sind besteht neben dem Konzern-Vergütungsbericht weiter die Anforderung, einen eigenen Vergütungsbericht auf Institutsebene zu veröffentlichen (Art. 13 Abs. 1 CRR i. V. § 16 Abs. 5 InstitutsVergV).

Wesentlich, geheim oder vertraulich?

Für die Offenlegungen zur Risikopolitik räumt der EU-Gesetzgeber grundsätzlich gewisse Erleichterungen ein. Dies gilt für den Fall, das einzelne Angaben nicht wesentlich sein sollten, ihre Veröffentlichung Geschäftsgeheimnisse transparent machen würde oder Angaben unbedingt vertraulich behandelt werden sollen (Art. 432 CRR). Allerdings sind eben diese Erleichterungen für die Offenlegungen zur Vergütungspolitik nach Art. 450 CRR ausdrücklich ausgenommen.

Jedoch lässt § 16 Abs. 4 Satz 5 InstitutsVergV diese Erleichterungen, die die CRR ausdrücklich für die Risk Taker-Angaben ausschließt, für die nach § 16 InstitutsVergV zusätzlich offenzulegenden Angaben für alle Mitarbeiter zu. Die notwendige Abschichtung der unterschiedlichen Sachverhalte wird in der Praxis offensichtlich häufig missverstanden und unzulässig angewandt.

Für die Offenlegungspraxis insgesamt bedeutet das, die Pflichtangaben zu den Risk Takern (einschließlich der Geschäftsleiter) sind im Vergütungsbericht zwingend und ohne Einschränkungen zu veröffentlichen. Einzig die allgemeinen datenschutzrechtlichen Bestimmungen zum Schutz personenbezogener Daten können dagegen stehen. Danach darf durch die Veröffentlichung kein Rückschluss auf Einzelpersonen möglich sein. Aber auch dann ist nicht Weglassen, sondern die angemessene Aggregation der Pflichtangaben geboten.

Mehr Aufmerksamkeit in der Vergütungs-Governance

Die bisherige Offenlegungspraxis zeigt durchaus Mängel in der Umsetzung der zeitlich-inhaltlichen Vorgaben für den Vergütungsbericht.

Geschärfte inhaltliche Anforderungen, vorgegebene Tabellenmuster und sektorale Besonderheiten für Wertpapierinstitute und Kapitalverwaltungsgesellschaften im Konzern erhöhen in der Praxis den Anspruch an die Experten in der Offenlegung. Parallel steigern die Aufseher den Aufmerksamkeitsgrad für die in der Praxis oft etwas stiefmütterliche Umsetzung durch stärkere Vorgaben für den Vergütungsbeauftragten (§ 24 Abs. 1 InstitutsVergV) und die Jahresabschlussprüfer.

Für die Veröffentlichung des Vergütungsberichts ist kein Testat eines Jahresabschlussprüfers erforderlich. Gleichwohl hat der Abschlussprüfer ein umfangreiches Pflichtenheft zur Prüfung der Vergütungssysteme als solche (§ 12 PrüfBV). Dabei hat er auch die Angemessenheit der Prozesse zur Ermittlung und Offenlegung der Angaben zu beurteilen (§ 24 PrüfBV). Zudem muss er im Prüfungsbericht darauf eingehen, ob die geforderten Offenlegungspflichten vom Institut eingehalten wurden. 

Regulatorik Knowhow bleibt erfolgskritisch

Mit den umfangreichen Neuerungen zum Vergütungsbericht aus CRR II und der korrespondierenden Durchführungsverordnung sowie der InstitutsVergV 4.0 geht die Reise für die Vergütungssysteme der Banken weiter.

Die Breite und Tiefe der überarbeiteten Offenlegungsanforderungen für die Vergütungssysteme erfordert einen zeitnahen Knowhow-Transfer für die Praktiker. Wir beraten Sie gerne zu geeigneten Schulungs- und Tagungsangeboten zu den Neuerungen. Bitte folgen Sie dem nachstehenden Link: https://compgovernance.de/seminare-zur-institutsvergv/

Haben Sie Fragen? Vereinbaren Sie einen unverbindlichen Telefontermin mit Werner Klein unter werner.klein@compgovernance.de

InstitutsVergV, InstitutsVergV 4.0, Offenlegung, Vergütungsbericht

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