Vergütung und Auslagerungen in Finanzunternehmen

Vergütung und Auslagerungen in Finanzunternehmen

Nach Erhebungen der BaFin werden Auslagerungen weiter an Bedeutung bei der arbeitsteiligen Organisation der Leistungsprozesse von Finanzunternehmen gewinnen. Nicht nur die damit verbundenen Auslagerungsrisiken sind bei der angemessenen Ausgestaltung der Vergütungssysteme zu berücksichtigen. Die Vergütungs-Regulatorik dehnt ihren Anwendungsbereich zudem auch auf „ausgelagerte Mitarbeiter“ aus.

Dabei sieht der Vergütungsrahmen für Kreditinstitute, Wertpapierinstitute und Kapitalverwaltungsgesellschaften jeweils eine unterschiedliche Breite und Tiefe der Vorschriften vor. Die Praxisumsetzung ist zum Teil herausfordernd, insbesondere bei Auslagerungen an nicht-gruppenangehörige Dritt-Unternehmen. Gleichzeitig steigt der Aufmerksamkeitsgrad bei in- und externen Prüfern sowie im allgemeinen Governance-Prozess.

Auslagerungsrisiken und Risikoprofil

Die Organisationsmodelle der Finanzunternehmen setzen weiter auf Arbeitsteilung. Immer mehr Funktionen werden an Legaleinheiten im eigenen Konzern oder an Dritt-Unternehmen ausgelagert. Die daraus resultierenden Risiken stehen zunehmend im Fokus aufsichtsrechtlicher Anforderungen (siehe § 25b KWG, § 40 WpIG und § 36 KAGB). Eine wesentliche Zielsetzung der Aufseher besteht in der Unterbindung von Regulierungs-Arbitrage, d.h. der Vermeidung von aufsichtsrechtlichen Anforderungen durch die Verlagerung von Leistungsprozessen in nicht-regulierte Unternehmen.

Mit dem Inkrafttreten des Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetzes (FISG) sowie des Wertpapierinstitutsgesetzes (WpIG) sind die Unternehmen des Finanzsektors spätestens seit Anfang 2022 verpflichtet, alle wesentlichen Auslagerungen der BaFin anzuzeigen. Nach deren Angaben haben seitdem ca. 1.900 beaufsichtigte Unternehmen etwa 20.800 Auslagerungen angezeigt. Das sind im Durchschnitt etwa elf wesentliche Auslagerungen pro Unternehmen.

Die aus den Auslagerungen resultierenden (Auslagerungs-)Risiken prägen zunehmend das Risikoprofil der Unternehmen. Zumal die Erhebungen der BaFin auch belegen, dass nur etwas weniger als die Hälfte der Unternehmen davon ausgeht, ihre ausgelagerten Leistungen jemals wieder selbst erbringen zu können.

Auslagerungen und Vergütungssysteme

Auf die Vergütungssysteme der Finanzunternehmen wirken sich Auslagerungen in mehrfacher Hinsicht aus:

Dadurch, dass die Vergütungssysteme im aufsichtsrechtlichen Sinn als integraler Bestandteil des Risikomanagements gelten (§ 25a Abs. 1 KWG), erhalten Auslagerungsrisiken unmittelbar Eingang in die Vergütungssysteme. Sie sind bei der risikoadjustierten Erfolgsmessung für die variable Vergütung der als Risk Taker eingestuften Personen zu berücksichtigen (§ 18 Abs. 3 InstitutsVergV). Im Rahmen der Anforderungen an die Festsetzung und Auszahlung des Gesamtbetrags der variablen Vergütung umfasst die geforderte ökonomische Sicht auf die Risikotragfähigkeit auch die Berücksichtigung von Auslagerungsrisiken (§ 7 Abs. 1 InstitutsVergV).

Der Anwendungsbereich der Vergütungsanforderungen erstreckt sich regelmäßig nicht nur auf Angestellte des Unternehmens, sondern auch auf so genannte „ausgelagerte Mitarbeiter“ (erweiterter Mitarbeiterbegriff). Die unterschiedlichen sektoralen Vergütungsanforderungen für Kreditinstitute (KI), Wertpapierinstitute (WpI) und Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGen) konkretisieren hierzu jeweils unterschiedliche Anforderungen. Die unterschiedliche Breite und Tiefe der jeweiligen Anforderungen führt zu einer divergierenden Vergütungspraxis im Markt.

Der gestiegenen Bedeutung von Auslagerungsrisiken folgend, ist der bei KI zu bestellende Auslagerungsbeauftragte bei bedeutenden Instituten als Risk Taker einzustufen (Art. 5 Nr. a VO (EU) 923/2021). Eine vergleichbare Regelungen besteht auch für mittelgroße WpI  (Art. 3 Nr. h VO (EU) 2154/2021).

Vergütungssysteme und ausgelagerte Personen in Kreditinstituten

Der personenbezogene Anwendungsbereich der InstitutsVergV umfasst neben den Angestellten des KI, auch „alle weiteren natürlichen Personen, die im Rahmen einer Auslagerungsvereinbarung mit einem gruppenangehörigen Auslagerungsunternehmen unmittelbar an Dienstleistungen für das auslagernde Institut beteiligt sind, um Bankgeschäfte zu betreiben oder Finanzdienstleistungen zu erbringen“ (§ 2 Abs. 7 InstitutsVergV). Betroffen sind in der Praxis die wesentlichen Auslagerungen, die in direktem Zusammenhang mit den konkret angebotenen Bankdienstleistungen stehen. Für die Umsetzungspraxis bestehen zwar durchaus Herausforderungen für das Handeln über formale Grenzen einzelner Legaleinheiten hinweg, die sich aber im Rahmen der üblichen Governance-Strukturen bewältigen lassen. Die Umsetzung in den gruppenangehörigen Auslagerungsunternehmen erfolgt auf der Grundlage der für die Gruppe festgelegten und von den Unternehmen des Konsolidierungskreises anzuwendenden Gruppen-Vergütungsstrategie (§ 27 Abs. 1 InstitutsVergV).

Deutlich schwieriger umzusetzen sind die darüber hinaus gehenden Anforderungen der BaFin-Auslegungshilfe zur InstitutsVergV. Danach sind auch „alle Beschäftigte in nicht gruppenangehörigen Unternehmen einzubeziehen, sofern sie bei einer wesentlichen Auslagerung von Dienstleistungen zum Zwecke des Betreibens von Bankgeschäften oder der Erbringung von Finanzdienstleistungen beteiligt sind“. Da das regulierte auslagernde KI keine direkte Durchgriffsmöglichkeit auf das Auslagerungsunternehmen hat, sind „in der Auslagerungsvereinbarung die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, dass ein möglicherweise variabel ausgestalteter Anteil der vom Auslagerungsunternehmen an diese Mitarbeiter gezahlten Vergütung den Anforderungen der InstitutsVergV nicht zuwiderläuft“. Zudem geben die Aufseher eine konkrete Hinwirkungspflicht analog zu § 14 InstitutsVergV vor. Die Umsetzung stellt die auslagernden KI regelmäßig vor größere Probleme: Sie müssen versuchen, ihre besonderen branchenbezogenen Vergütungsvorgaben mit branchenfremden externen Serviceprovidern zu vereinbaren. Dabei ist die Hinwirkung immer gefordert beim Abschluss neuer Auslagerungsvereinbarungen sowie bei der Prolongation bestehender Vereinbarungen zu wesentlichen Auslagerungen.

Vergütungssysteme und ausgelagerte Personen in Wertpapierinstituten

Während die wenigen großen WpI in der Vergütungsregulierung bezogen auf ihre Auslagerungen wie KI behandelt werden, hat der deutsche Gesetzgeber im Rahmen der Umsetzung des EU-Regulierungsrahmens für mittlere WpI ein eigenes Vergütungsregime geschaffen. Diesem unterliegen ausschließlich die vom WpI als Risk Taker einzustufenden Personen.

Bei der Ermittlung der Risk Taker und der Anwendung der aufsichtsrechtlichen Vergütungsanforderungen sind ähnlich wie bei den KI neben den Angestellten des WpI auch alle „ausgelagerten Mitarbeiter“ in gruppenangehörigen Auslagerungsunternehmen zu berücksichtigen, sofern sie an Wertpapier(neben)dienstleistungen oder Nebengeschäften für das WpI beteiligt sind“ (§ 2 Abs. 8 Ziff. 2 WpIVergV). Eine Anwendung auch auf wesentliche Auslagerungen an nicht-gruppenangehörige Unternehmen ist hier im Unterschied zu den KI nicht gefordert.

Eine Einstufung als Risk Taker hat danach auch für ausgelagerte Mitarbeiter zur Folge, dass die besonderen Anforderungen an die Vergütungssysteme allgemein und an die variable Vergütung im Besonderen anzuwenden sind (insbesondere §§ 6 bis 11 WpIVergV). Die Umsetzung in den betroffenen gruppenangehörigen Auslagerungsunternehmen erfolgt auf der Grundlage der für die Gruppe festgelegten und von den Unternehmen des Konsolidierungskreises (Art. 4 Abs. 1 Nr. 11 IFR) anzuwendenden Gruppen-Vergütungsstrategie (§ 18 Abs. 1 WpIVergV).

Vergütungssysteme und ausgelagerte Personen in KVGen

Für KVGen gelten die sektoralen Vergütungsanforderungen des § 37 KAGB. Dieser verweist für AIF-KVGen auf die Regelungen in Anhang II der Richtlinie 2011/61/EU und für OGAW-KVGen auf Art. 14a Abs. 2 und Art. 14b Absatz 1, 3 und 4 der Richtlinie 2009/65/EG. Danach bestehen für KVGen keine besonderen Regelungen zur Behandlung von Auslagerungen im Rahmen der Vergütungssysteme.

Zusätzlich zum Solvenz-Aufsichtsrecht fallen KVGen auch unter den Anwendungsbereich der „BaFin-Mindestanforderungen an die Compliance-Funktion und die weiteren Verhaltens-, Organisations- und Transparenzpflichten für Wertpapierdienstleistungsunternehmen (MaComp)“. Die vergütungsbezogenen Anforderungen regelt der Besondere Teil (BT) 8.

Die MaComp BT 8-Vorschriften gelten grundsätzlich für alle Unternehmen, sofern sie Wertpapier(neben)dienstleistungen oder Anlagegeschäfte erbringen. Jedoch treten die einzelnen Vergütungsanforderungen des MaComp BT 8 immer zurück, wenn sie mit Einzelregelungen des Solvenz-Aufsichtsrechts (KAGB, KWG/InstitutsVergV, WpIG/WpIVergV) kollidieren. Im Unterschied zu den KVGen bestehen für KI und WpI bereits eigene sektorale Vorschriften zur Behandlung von Auslagerungen bei den Vergütungssystemen, die insofern Vorrang haben. Damit kommen für KVGen die MaComp BT 8-Anforderungen zur Berücksichtigung von Auslagerungen zur Anwendung.

Die Vorschriften des MaComp BT 8 sind von der KVG auf „alle Personen mit direktem oder indirektem Einfluss auf die erbrachten Wertpapier(neben)dienstleistungen oder das unternehmerische Verhalten anzuwenden, soweit die Vergütung zu einem Interessenkonflikt führen könnte“. Neben den Angestellten der KVG sind „auch alle externen natürlichen Personen zu berücksichtigen, die im Rahmen von Auslagerungen für das Unternehmen an der Erbringung von relevanten Leistungen beteiligt sind (Art. 2 Nr. 1 i.V.m. Art. 27 Abs. 2 DV zu MiFID). Da die Vorschrift die Anforderungen nicht weiter spezifiziert, kann davon ausgegangen werden, dass hier nur wesentliche Auslagerungen an gruppenangehörige Unternehmen relevant sind.

Auslagerungen im Spiegel der Vergütungspraxis

Die Umsetzung der Auslagerungsthematik im Rahmen der Vergütungs-Regulatorik stellt in der Praxis ein echtes Spezialistenthema dar, dem offensichtlich in den betroffenen Unternehmen bislang ein unterschiedliches Maß an Aufmerksamkeit zuteil wird.

Eine Schlüsselrolle in der operativen Umsetzung haben dabei interessanterweise häufig die Procurement-Funktionen in den Unternehmen, die im Rahmen der Vereinbarung von Service-Level-Agreements mit den Auslagerungsunternehmen für die entsprechenden vertragsrechtlichen Grundlagen sorgen müssen.

Im Hinblick auf die bestehenden Governance-Anforderungen an den Aufsichtsrat (und seinen Vergütungskontrollausschuss), die Geschäftsleitung sowie die Kontrolleinheiten und den Vergütungsbeauftragten (in bedeutenden KI), wird aber die regulatorisch konforme Umsetzung zunehmend in den Fokus auch von konkreten Überwachungshandlungen geraten. Das institutsspezifische Vorgehen und die Umsetzung der Vergütungsanforderungen auch auf „ausgelagerte Mitarbeiter“ ist als Teil der Vergütungsgrundsätze zu dokumentieren und damit auch automatisch prüfungsrelevant bei in- und externen Prüfungshandlungen.

Regulatorik Knowhow bleibt erfolgskritisch

Die Breite und Tiefe der von den Regulatoren regelmäßig weiterentwickelten aufsichtsrechtlichen Vorgaben zur Angemessenheit der Vergütungssysteme in Finanzunternehmen erfordert einen zeitnahen Knowhow-Transfer für die Praktiker.

Wir beraten Sie gerne zu geeigneten Schulungs- und Tagungsangeboten zu den Neuerungen. Haben Sie Fragen? Vereinbaren Sie einen unverbindlichen Telefontermin mit Werner Klein unter info@compgovernance.de.

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