Die BaFin verschärft das Pflichtenheft für die Abschlussprüfer zu den Vergütungssystemen. Im Rahmen des am 14. April 2025 vorgelegten Konsultationspapiers wird die Prüfungsberichtsverordnung (PrüfBV) überarbeitet. Dabei werden unter anderem auch die Prüfungsanforderungen für die Vergütungssysteme der Institute neu gefasst. Mit der erstmaligen Anwendung der Neuerungen ist bereits für den Jahresabschluss 2025 zu rechnen.
Die vom Abschlussprüfer geforderten Prüfungshandlungen und Berichtsdokumentationen zu den Vergütungssystemen werden inhaltlich stärker als bisher konkretisiert. Die geforderte Beurteilung der Angemessenheit der Vergütungssysteme erfolgt künftig dezidierter und entlang des aufsichtsrechtlichen Anforderungskatalogs. Dabei hat der Abschlussprüfer erstmals auch eine vorgegebene Prüfliste abzuarbeiten, um festzustellen, ob bestimmte Umsetzungsanforderungen vom Institut auch tatsächlich erfüllt werden.
Insgesamt erhöht sich dadurch nicht nur der Anspruch an die Abschlussprüfer selbst, sondern auch für die geprüften Institute. Die Neufassung der PrüfBV fordert deutlich mehr Breite und Tiefe für die Beurteilung des Abschlussprüfers. Dies wird auch zu einer Verschärfung der Agenda der verschiedenen internen Überwachungs- und Prüfungsfunktionen führen.
PrüfBV als Prüfungsrahmen
In der PrüfBV regelt die Bankenaufsicht die besonderen Pflichten der Abschlussprüfer bei der Durchführung der Jahresabschlussprüfung (§§ 26 und 29 KWG, Jahresabschluss, Lagebericht und Prüfungsbericht). Sie konkretisiert die Anforderungen an den Prüfungsgegenstand, den Zeitpunkt der Prüfung sowie den Inhalt des Prüfungsberichts.
Bereits bisher enthält die PrüfBV auch dezidierte Anforderungen an die Prüfungshandlungen und deren Dokumentation zur Angemessenheit der Vergütungssysteme im geprüften Institut. Gegenstand der Regelungen des § 12 PrüfBV (Vergütungssysteme) ist die Umsetzung der für das Institut geltenden EU-rechtlichen und nationalen Vorschriften zu den Vergütungssystemen. Die Bestimmungen des § 12 PrüfBV haben in der Praxis nicht nur eine hohe Bedeutung für die allgemeine Finanzberichterstattung des Instituts, sondern dienen auch den verschiedenen internen Überwachungs- und Prüfungsfunktionen als Richtschnur für deren eigene Tätigkeit.
Mit dem Konsultationsentwurf vom 14. April 2025 (Konsultation 09/2025, Zweite Verordnung zur Änderung der Prüfungsberichtsverordnung) setzt die BaFin ihren aufgestauten Änderungsbedarf der letzten Jahre um. Der § 12 PrüfBV wird umfangreich neu gefasst, um die aufsichtlichen Verschärfungen aus den letzten Anpassungen von CRR, KWG und den Neuerungen der InstitutsVergV 4.0 aus dem Jahr 2021 umzusetzen.
Vergütung als Prüfungsgegenstand
Die bisherigen Prüfungsanforderungen des § 12 PrüfBV sind eher entlang zentraler Grundfragen definiert. Mit der korrespondierenden Prüfungspraxis war die Aufsicht in der Rückschau bekanntermaßen wenig zufrieden. Zu häufig hatte die BaFin wohl den Eindruck, dass den Vergütungsregelungen in der Prüfungspraxis nur eine untergeordnete Bedeutung zugekommen ist.
Der bisherige § 12 PrüfBV wird im Konsultationsentwurf umfangreich neu gefasst. Dabei richtet sich der Fokus deutlich stärker auf die konkreten Inhalte der langen Anforderungsliste, wie sie insbesondere die InstitutsVergV 4.0 vorgibt. Hiermit wird der aktuell erreichte Stand der Vergütungsregulierung nach dem EU-Bankenpaket 2019 endlich auch im Pflichtenheft der Abschlussprüfer nachgezogen.
Die neuen Prüfungsvorgaben folgen der Abschichtung der Anforderungen für bedeutende und nicht-bedeutende Institute auf der Grundlage der institutsspezifischen Einstufung. Zu beurteilen ist, ob die allgemeine Ausrichtung der Vergütungssysteme angemessen ist. Bei als bedeutend eingestuften Instituten liegt ein besonderer Fokus auf der Ermittlung und Vergütung der als Risk Taker eingestuften Personen.
Allgemeine Ausrichtung der Vergütungssysteme
Der Abschlussprüfer hat die Angemessenheit und Transparenz der Vergütungssysteme sowie deren Ausrichtung auf eine nachhaltige Entwicklung des Instituts zu beurteilen (§ 12 Abs. 1 PrüfBV-E). Dabei ist von ihm die Umsetzung der ff. Vergütungsvorgaben zu beurteilen:
- Eindeutige Zuordnung der Vergütungsbestandteile zur fixen Vergütung und Festlegung einer angemessenen Obergrenze für die variable Vergütung (§ 25a Abs. 5 KWG, § 6 InstitutsVergV)
- Ausrichtung von Vergütungsstrategie und -parametern an den strategischen Institutszielen (§ 4 InstitutsVergV)
- Regelungen und Prozesse gewährleisten die Geschlechtsneutralität der Vergütungssysteme (§ 5 Abs. 1 Nr. 6 InstitutsVergV)
- Angemessenheit von besonderen variablen Vergütungselementen, z.B. Garantien, Abfindungen, Karenzentschädigungen und Halteprämien (§ 5 InstitutsVergV)
- Festsetzung des Gesamtbetrags der variablen Vergütung (§ 7 Abs. 1 InstitutsVergV)
- Angemessenheit der Compliance-Strukturen zum Absicherungsverbot (§ 8 Abs. 2 InstitutsVergV)
- Vermeidung von Interessenkonflikten bei der variablen Vergütung in Kontrolleinheiten (§ 9 InstitutsVergV)
- Anwendung der zusätzlichen Vorgaben für die Vergütungssysteme der Geschäftsleiter (§ 10 InstitutsVergV)
- Umsetzung der (Gruppen-)Vergütungsstrategie im Gruppenzusammenhang (§ 27 InstitutsVergV)
Im Rahmen seiner Beurteilung hat der Abschlussprüfer auch eine vorgegebene Prüfliste abzuarbeiten und festzustellen, ob die geforderten Umsetzungen vom Institut tatsächlich vorgenommen wurden:
- Mindestens jährliche Info des Verwaltungs-/Aufsichtsorgans über die Ausgestaltung der Vergütungssysteme des Instituts (§ 3 Abs. 1 InstitutsVergV)
- Angemessene Beteiligung der Kontrolleinheiten bei der Ausgestaltung und Überwachung der Vergütungssysteme (§ 3 Abs. 3 InstitutsVergV)
- Dokumentation der Grundsätze zu den Vergütungssystemen in den Organisationsrichtlinien und weitere Dokumentationspflichten (§ 11 InstitutsVergV)
- Mindestens jährliche Prüfung der Angemessenheit von Vergütungssystemen und -parametern (§ 12 InstitutsVergV)
- Schriftliche Info der MA über die Ausgestaltung der für sie maßgeblichen Vergütungssysteme und -parameter (§ 13 InstitutsVergV)
- Hinwirkung auf Anpassung bestehender Vereinbarungen (§ 14 InstitutsVergV)
- Offenlegung der qualitativen und quantitativen Vergütungsangaben (Art. 450 CRR, § 16 InstitutsVergV)
Einstufung und Risk Taker-Anforderungen
Der Abschlussprüfer hat ausdrücklich festzustellen, dass das Institut sich selbst zutreffend eingestuft hat. Dies gilt sowohl für die Einstufung nach den Regelungen des KWG (§ 1 Abs. 3c KWG) wie auch nach denen der InstitutsVergV (§ 1 Abs. 3 Satz 2 InstitutsVergV). Bisher hat er lediglich in seinem Prüfungsbericht über die vom Institut selbst vorgenommene Einstufung zu berichten.
Hinsichtlich der Anforderungen an die Vergütungssysteme der Personen, die vom Institut als Risk Taker eingestuft werden, hat der Abschlussprüfer die konkreten Umsetzungen zu beurteilen:
- Prozess und Ergebnisse der Ermittlung der Risk Taker (§ 1 Abs. 21 und § 25a Abs. 5b KWG)
- Ermittlung der variablen Vergütung der Risk Taker einschließlich der Angemessenheit der Vergütungsparameter und Berücksichtigung relevanter Risiken (§§ 18 und 19 InstitutsVergV)
- Zurückbehaltung, Anspruchsentstehung, Auszahlungsmodalitäten und Rückforderung der ermittelten variablen Vergütung (§§ 21 und 22 InstitutsVergV)
Beteiligte und Verantwortlichkeiten
Neben den Anforderungen an die Ausgestaltung und Umsetzung der Vergütungssysteme sowie deren Offenlegung hat der Abschlussprüfer auch zentrale Fragen zur Vergütungs-Governance zu beurteilen:
- Bestellung eines Vergütungsbeauftragten in bedeutenden Instituten inkl. Aufgabenübernahme, Personal- und Sachausstattung, Stellvertreter und Darstellung in den Organisationsrichtlinien (§§ 23 bis 26 InstitutsVergV)
- Einrichtung eines Vergütungskontrollausschusses inkl. Aufgabenwahrnehmung und Anforderungen an die Mitglieder (§ 25d Abs. 12 KWG, § 15 InstitutsVergV)
- Besondere Vergütungsanforderungen für Mitglieder Verwaltungs-/Aufsichtsorgan (§ 25d Abs. 5 KWG)
Regulatorik-Knowhow bleibt erfolgskritisch
Die Breite und Tiefe der von den Regulatoren regelmäßig weiterentwickelten aufsichtsrechtlichen Vorgaben zur Angemessenheit der Vergütungssysteme in Finanzunternehmen erfordert einen zeitnahen Knowhow-Transfer für die Praktiker. Immer häufiger dient die Vergütungsregulierung auch als Anknüpfungspunkt für weitere Regulierungsthemen.
Wir beraten Sie gerne zu geeigneten Schulungs- und Tagungsangeboten zu den Neuerungen. Haben Sie Fragen? Vereinbaren Sie einen unverbindlichen Telefontermin mit Werner Klein unter info@compgovernance.de.