Vergütung und Auslagerungen in Finanzunternehmen

Die neuen FAQs zur InstitutsVergV – Auslegung oder Hilfe?

Mit ihrem Konsultationspapier vom 21. Juni 2023 zieht die BaFin die überfällige Anpassung ihrer Auslegungshilfe zur InstitutsVergV nach. Sie nimmt gleichzeitig einen Formatwechsel vor. Das bisherige, breit angelegte Textdokument mit seinem Grundrauschen zu allen Regelungsthemen wird durch eine Sammlung von FAQs zu ausgewählten Umsetzungsfragen der InstitutsVergV ersetzt.

Inhaltlich bringen die insgesamt 19 FAQs des Konsultationspapiers nur einzelne Neuerungen. Überwiegend wird der letzte Bearbeitungsstand der bisherigen Auslegungshilfe aus dem September 2020 bestätigt. Die Neuerungen der InstitutsVergV 4.0 werden lediglich durch den allgemeinen Verweis auf die einschlägigen EBA-Leitlinien abgedeckt.

Bei genauerem Hinschauen zeigt sich, ganz werden die neuen FAQs zur InstitutsVergV die bisherige Auslegungshilfe nicht ersetzen, denn die BaFin wird an ihrer Verwaltungspraxis gemäß der bisherigen Auslegungshilfe festhalten, sofern diese nicht Gegenstand der FAQ-Sammlung ist.

Bisherige BaFin-Auslegungshilfe

Die bisherige Auslegungshilfe zur InstitutsVergV gibt Hinweise zu den Anforderungen von Bafin und BuBank in der Aufsichts- und Prüfungspraxis. Dabei werden nicht nur deutsche Besonderheiten bei der Umsetzung der einschlägigen EBA-Leitlinien berücksichtigt, sondern auch Regelungslücken gefüllt (Quelle: BaFin). Aufgrund ihrer Rechtsnatur bindet die Auslegungshilfe im Gegensatz zur InstitutsVergV selbst nicht die EZB bei der Ausübung ihrer Aufsichtskompetenz im SSM.

Die bisherige Auslegungshilfe (Stand: 15. Februar 2018) konkretisiert die Umsetzungsanforderungen der in 2017 in Kraft getretenen InstitutsVergV 3.0.  Die BaFin hatte am 18. September 2020 ein Update für die Auslegungshilfe zur InstitutsVergV 3.0 veröffentlicht. Bei dem Sage und Schreibe 90-seitigen Dokument handelt es sich nicht um eine konsultierte finale Neufassung, sondern nur um einen „Bearbeitungsstand“.

Da nach dem Inkrafttreten von Risikoreduzierungsgesetz (RiG), InstitutsVergV 4.0 sowie diversen überarbeiteten EBA Leitlinien umfangreicher Anpassungsbedarf bestand, hatte die BaFin die Neufassung der Auslegungshilfe avisiert.

Neue FAQs zur InstitutsVergV

Das bisherige Textdokument der Auslegungshilfe zur InstitutsVergV bewegt sich oftmals zwischen den Rechtsnormen des EU- und nationalen Gesetzgebers und den nicht an die Institute selbst adressierten Leitlinien der EBA. Durch den Formatwechsel zu einer FAQ-Sammlung verstärkt sich der Fokus auf die aus Sicht der Aufsicht besonderen Umsetzungsfragen. Ansonsten verweisen die FAQs ausdrücklich auf die anzuwendenden EBA-Leitlinien für eine solide Vergütungspolitik (EBA/GL/ 2021/04) sowie weitere EBA-Leitlinien mit Anforderungen an Vergütungssysteme.

Der vorgelegte Konsultationsentwurf vom 21. Juni 2023 (10/2023) zur neuen FAQ-Sammlung soll ausdrücklich nur Sachverhalte ergänzen, die nicht von den EBA-Leitlinien erfasst sind oder bei denen aus Sicht der Aufsicht die Anwendung von Proportionalität notwendig ist.

Die Mehrzahl der 19 FAQs des Konsultationspapiers bringt nur zum Teil Neuerungen, die über den letzten Bearbeitungsstand der bisherigen Auslegungshilfe aus dem September 2020 hinaus gehen. Folgende Neuerungen erscheinen aus Sicht der Vergütungspraxis bedeutsam:

Leistungsanerkennungsprämien

Durch die Anwendung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben sind die variablen Vergütungssysteme in der Regel recht starr. Viele Institute haben deshalb parallel dazu sogenannte Leistungsanerkennungsprämien (s.a. „Recognition Awards“ oder „Spontananerkennungen“) als zusätzliche variable Vergütungskomponente eingeführt.

Damit diese zulässig nach den Bestimmungen der InstitutsVergV sind, muss der Ermessensspielraum bei der Gewährung durch einen Kriterien-Rahmen eingeschränkt sein. Die (maximale) Höhe, Häufigkeit der Gewährung, Vergabekriterien und Anlässe der Gewährung müssen vorab geregelt sein. Etwaige negativen Erfolgsbeiträge oder Fehlverhalten sind beachtlich (§ 5 Abs. 2 InstitutsVergV).

Die Prämien sind auch bei der jährlichen Festsetzung des Gesamtbetrags der variablen Vergütung zu berücksichtigen (§ 7 InstitutsVergV). Insofern sind unterjährige Auszahlungen grundsätzlich problematisch und sollen nur restriktiv erfolgen (d.h. kleinere Beträge, überschaubare Anzahl von Mitarbeitern). In jedem Fall sieht die Aufsicht eine schriftliche Vorbehaltsklausel vor, wonach die Zahlung unter dem Vorbehalt einer positiven Bonuspool-Festsetzung am Jahresende steht.

Risk Taker sind grundsätzlich ausgeschlossen vom Kreis der Begünstigten. Die fehlende Zielvereinbarung und die nicht sichergestellte Erfolgsmessung über einen Zeitraum von mindestens 1 Jahr schließen unterjährige Leistungsprämien an identifizierte Risk Taker aus (§ 19 InstitutsVergV).

ESG-Risiken und Vergütung

Nachhaltigkeit wird immer stärker auch zu einer Vergütungsanforderung. Die Vergütung von Nachhaltigkeit bzw. die Nachhaltigkeit in der Vergütung ist mittlerweile Gegenstand diverser aufsichtlicher Vorgaben für die gesamte Finanzbranche (s.a. auch 7. MaRisk-Novelle, Entwurf CRR III).

Die Aufsicht forciert dabei die Berücksichtigung von ESG-Risiken in den Instrumenten und Prozessen des Risikomanagements. Durch den grundlegenden Zusammenhang von Risikomanagement und Vergütungssystemen wirken sich die ESG-Risiken somit auch auf die Vergütungssysteme aus.

Anknüpfungspunkt in der InstitutsVergV für die Berücksichtigung von ESG-Risiken in Vergütungssystemen ist § 4 InstitutsVergV). Falls ein Institut aufgrund seiner strategischen Ausrichtung in den jeweiligen Risikoarten wesentliche Nachhaltigkeitsrisiken im Sinne von ESG-Risiken aufweist, sind diese ebenfalls in den Vergütungssystemen zu berücksichtigen (z.B. durch Festlegung bestimmter Nachhaltigkeitsziele als Vergütungsparameter).

Stichproben und Absicherungsverbot

Für bedeutende Institute umfassen die geforderten Compliance-Strukturen zum Absicherungsverbot (§ 8 InstitutsVergV) eine entsprechende Verpflichtungserklärung der Risk Taker sowie die Anzeige von deren privaten Depotkonten.

Die Einhaltung der Verpflichtungserklärung ist unabhängig von der Rechtsform des Instituts zumindest stichprobenartig zu überprüfen. Dabei erfolgen die Kontrollen risikoorientiert und müssen in jedem Fall die hauseigenen Depotkonten umfassen.

Grundsätzlich befreit sind lediglich öffentlich-rechtliche Sparkassen und Genossenschaftsbanken, deren Aufsichtsbehörde die BaFin ist, sind von der Stichprobenprüfung befreit. Ansonsten ist die Stichprobenpflicht nur beim Vorliegen einer aktuellen Bestätigung (nicht älter als 12 Monate) seitens des Institutes bzw. eines geeigneten Dritten obsolet, wonach auf dem Markt kein derivatives Instrument existiert, welches an die Bonität des Instituts anknüpft und damit eine Absicherung ermöglichen würde.

Instrumente und nicht-börsennotierte Institute

Für den Großteil der Institute in Deutschland ist die obligatorische Gewährung eines Teils der variablen Vergütung an die Risk Taker in Form von so genannten (Finanz-)Instrumenten problematisch, da sie nicht über die klassischen aktien- oder schuldbasierten Finanzinstrumente verfügen, die die Aufsicht dafür vorsieht (§ 20 Abs. 5 InstitutsVergV).

Nicht-börsennotierten Institute können deshalb andere gleichwertige Instrumente nutzen, die den Unternehmenswert nachhaltig widerspiegeln. Es handelt sich dabei um vertragliche Konstruktionen, die auf betriebswirtschaftliche Kennzahlen abstellen und die so ermittelte Unternehmenswertentwicklung auf den Wert der zurückbehaltenen bzw. gesperrten variablen Vergütungsbestandteile übertragen.

Geeignete Kennzahlen-Konstrukte müssen in Bezug auf die Verlustausgleichsfähigkeit dieselben Eigenschaften aufweisen wie Aktien oder andere Beteiligungsformen. Dazu sind neben Kennzahlen aus der Rechnungslegung zusätzlich geeignete Risikokennziffern (z.B. CET1-Quote, Risikotragfähigkeit, Liquiditätskennziffern) heranzuziehen. Eine umfassende Unternehmensbewertung ist weiterhin nicht gefordert.

Neu sind die Erleichterungen für nicht-börsennotierte Institute, die nicht als potentiell systemrelevant gemäß § 12 KWG gelten. Sie können für die Abbildung der Wertentwicklung die institutsindividuellen Schwellenwerte aus der § 7-Prüfung heranziehen.

Vergütungsbeauftragter

Der letzte Bearbeitungsstand der Auslegungshilfe vom 18. September 2020 hatte zum Vergütungsbeauftragten bereits eine umfangreiche Liste an Konkretisierungen zu Anforderungsprofil (inkl. Kenntnisse und Erfahrungen im Risikocontrolling), Überwachungsaufgaben (inkl. Offenlegung, Umsetzungen im Gruppenzusammenhang), Rolle in Gremien (nur beratend, kein Stimm-/Vetorecht) sowie zum Vergütungskontrollbericht (inkl. Inhalte und Struktur, Zusammenlegung mit Bericht zur Angemessenheitsprüfung) gebracht.

Ausnahmen vom Grundsatz der Exklusivtätigkeit in Vollzeit erfordern eine entsprechende risikoorientierte Gesamtbetrachtung. Nur sofern die restriktiven Voraussetzungen gegeben sind, kann eine Bestellung abweichend von 100% Arbeitszeitanteil erfolgen. Diese muss jedoch mindestens 50% Arbeitszeitanteil vorsehen. Die Herleitung ist in den Organisationsrichtlinien des Instituts zu dokumentieren. Als Ausnahme von der o.g. Ausnahme besteht künftig (nur) für Förderinstitute oder nicht potentiell systemrelevante Instituten nach § 12 KWG die Möglichkeit zu einem Arbeitszeitanteil von weniger als 50%.

Zusätzlich zu den Negativmerkmalen (§ 23 Abs. 3 InstitutsVergV) schließen die FAQs bei der Bestellung auch weitere Doppelfunktionen aus. Hierzu zählen insbesondere (jegliche) Leitungsfunktionen im Institut. Das bedeutet für die Praxis, ein „Teilzeit-Vergütungsbeauftragter“ kann immer nur als Senior-Fachexperte ohne zusätzliche Führungs- und Leitungsfunktion tätig sein.

Zur Ansiedlung in der Organisation des Instituts fordert § 23 Abs. 5 InstitutsVergV lediglich (allgemein) die Ansiedlung des Vergütungsbeauftragten auf einer „ausreichend hohen Führungsebene unterhalb des Vorstands“. Die FAQs gehen einen Schritt weiter und fordern ausdrücklich einen direkten Berichtsweg zum Vorstand. Damit sollte der Vergütungsbeauftragte endgültig unter die Bestimmungen der Art. 1 Nr. 1a und Nr. 2 der DVO (EU) 2021/923 fallen und als Risk Taker einzustufen sein.

Bedeutung für die Vergütungspraxis

Der Wechsel hin zu einem Format, das sich auf ausgewählte Umsetzungsthemen der Vergütungs-Regulatorik fokussiert, ist aus Sicht der Vergütungspraktiker unbedingt zu begrüßen. Die BaFin wechselt hier spät auf ein bewährtes Format, das von der EBA seit Beginn an eingesetzt wird. Abzuwarten bleibt, inwieweit die von der Aufsicht avisierte regelmäßige Aktualisierung der FAQs in einem guten Dialog mit der Praxis erfolgen wird.

Eher schwierig erscheint, das nun mit den FAQs zwar ein neues Format eingeführt wird, jedoch die in Breite und Tiefe der sehr umfänglichen Regelungen des bisherigen Textdokuments trotzdem weiterhin als relevante Aufsichtspraxis herangezogen wird, sofern das einzelne Umsetzungsthema nicht Gegenstand der FAQs ist.

Auch der Verweis auf die nun unmittelbar(er) anzuwendenden EBA-Leitlinien für eine solide Vergütungspolitik (EBA/GL/ 2021/04) und weitere EBA-Leitlinien mit Anforderungen an Vergütungssysteme erhöht die Anforderungen an die Vergütungspraktiker.

Regulatorik Knowhow bleibt erfolgskritisch

Die Breite und Tiefe der von den Regulatoren regelmäßig weiterentwickelten aufsichtsrechtlichen Vorgaben zur Angemessenheit der Vergütungssysteme in Instituten erfordert einen zeitnahen Knowhow-Transfer für die Praktiker. Wir beraten Sie gerne zu geeigneten Schulungs- und Tagungsangeboten zu den Neuerungen. Bitte folgen Sie dem nachstehenden Link: https://compgovernance.de/seminare-zur-institutsvergv/

Haben Sie Fragen? Vereinbaren Sie einen unverbindlichen Telefontermin mit Werner Klein unter info@compgovernance.de.

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