Vergütungsregulierung für Finanzunternehmen

Vergütungsregulierung für Finanzunternehmen – Ausblick auf 2025

Die Vergütungsregulierung für Finanzunternehmen ist längst zu einer Dauerbaustelle geworden. Auch 2024 waren wieder Verschärfungen der Aufsicht umzusetzen. Die betroffenen Unternehmen müssen mit weiteren Neuerungen für ihre Vergütungssysteme rechnen. Zumindest haben sich der nationale Gesetzgeber und auch die European Banking Authority (EBA) wieder einiges vorgenommen.

Schon im Vorjahr hatten Gesetzgeber und Bankenaufsicht gleich mehrere zentrale Regelwerke verschärft und damit vielen Unternehmen erneuten Überprüfungs- und Anpassungsbedarf beschert. Für Kreditinstitute wurde die letzte Novelle der InstitutsVergV aus 2021mit der Veröffentlichung der BaFin-FAQS zu einzelnen Auslegungsfragen abgeschlossen. Mit dem Inkrafttreten der finalen WpIVergV wurde der neue Vergütungsrahmen für Wertpapierinstitute finalisiert. Schließlich hatte die Bafin ihr überarbeitetes Rundschreiben MaComp mit Verschärfungen bei den Vergütungsanforderungen veröffentlicht, um neue ESMA-Vorgaben umzusetzen.

Vergütungsrahmen im Überblick

Der Hauptfokus der Vergütungsregulierung für Finanzunternehmen richtet sich von Beginn an auf die klassischen Kreditinstitute. Im Hinblick auf Unterschiede in den Geschäftsmodellen und den daraus resultierenden Risikoprofilen wurden weitere sektorale Regulierungsinseln für Wertpapierinstitute, Kapitalverwaltungsgesellschaften und Versicherungen geschaffen. Der deutsche Gesetzgeber hat die jeweiligen EU-Vorschriften in seinen nationalen Vergütungsvorgaben teils sehr umfangreich und differenziert umgesetzt:

  • Kreditinstitute (allgemein): KWG, InstitutsVergV inkl. BaFin-Auslegungshilfe/-FAQs
  • Öffentlich-rechtliche Förderinstitute: KWG, InstitutsVergV inkl. BaFin-Auslegungshilfe/-FAQs (mit umfangreichen Erleichterungen,)
  • Leasing- und Factoring-Unternehmen: KWG (sind von der InstitutsVergV befreit)
  • Wertpapierinstitute: WpIG, WpIVergV
  • Kapitalverwaltungsgesellschaften: KAGB
  • Wertpapierdienstleistungsunternehmen: MaComp
  • Versicherungen: VAG, VersVergV

Damit können in arbeitsteilig organisierten Unternehmensgruppen unterschiedliche Vergütungsrahmen nebeneinander zur Anwendung kommen. Dies erhöht nicht nur den Anspruch an die Durchgängigkeit der Anreizwirkung eingesetzter Vergütungssysteme, sondern auch den an die verantwortlichen Vergütungsexperten.

Neuerungen ab 2025

Im vergangenen Jahr haben Gesetzgeber und Bankenaufsicht gleich mehrfach ihre bisherigen Regelwerke verändert und damit erneut einen vorläufigen Schlusspunkt bei der Vergütungsregulierung für Finanzunternehmen erreicht:

  • Für Kreditinstitute wurde mit der Veröffentlichung der BaFin-FAQS vom 13. Juni 2024 zu einzelnen Umsetzungsfragen die letzte Novelle der InstitutsVergV vom 20. September 2021 abgeschlossen.
  • Mit dem Inkrafttreten der finalen WpIVergV vom 9. Januar 2024 wurde der neue Vergütungsrahmen für Wertpapierinstitute, d.h. alle Institute, deren Geschäftszweck ausschließlich die Erbringung von Wertpapier(neben)dienstleistungen inklusive typischer Nebengeschäfte beinhaltet, finalisiert.
  • Am 28. Februar 2024 hatte die Bafin ihr überarbeitetes Rundschreiben MaComp mit Verschärfungen für den Besonderen Teil (BT 8) veröffentlicht, um neue ESMA-Vorgaben zur EU-MiFID umzusetzen.

Hieraus resultierende Neuerungen sind spätestens seit dem 1. Januar 2025 anzuwenden.

BaFin-FAQs zur InstitutsVergV als neues Format

Am 13. Juni 2024 hat die BaFin die finale Version ihrer neuen FAQs zur InstitutsVergV 4.0 veröffentlicht. Diese ersetzt im Grundsatz die bisherige Auslegungshilfe. Betroffen sind alle Kreditinstitute, unabhängig von ihrer Einstufung als bedeutend oder nicht bedeutend. Die Neuerungen waren bis spätestens 1. Januar 2025 umzusetzen.

Die neue FAQ-Sammlung klärt ausgewählte Auslegungsfragen zur InstitutsVergV und ersetzt grundsätzlich das bisherige umfangreiche Textdokument der Auslegungshilfe. Die FAQs beschreiben die Erwartungen der Aufseher an die Umsetzungspraxis auf der Grundlage der bereits in 2021 letztmalig novellierten InstitutsVergV.

19 FAQs zu ausgewählten Anforderungen
1 Sachbezüge und Vergütung
2 Wert der Leistungen zur Altersversorgung
3 Zulässigkeit und Behandlung Konzernbonus
4 Leistungsanerkennungsprämien
5 Übergangsgelder bei Geschäftsleitern
6 Negative Erfolgsbeiträge
7 Vollständiger Verlust der variablen Vergütung
8 ESG-Risken und Vergütung
9 Besonderheiten für den Risiko-Vorstand
10 Abfindungen (allgemein)
11 Abfindungen (Privilegierungen)
12 Bewertung der § 7-Kriterien
13 Stichproben zum Absicherungsverbot
14 Angemessenheitsprüfung und Vergütungskontrollbericht
15 Erfolgsebenen bei Geschäftsleitern
16 Modifier und Erfolgsmessung
17 Besonderheiten Förderinstitute
18 Instrumente und nicht-börsennotierte Institute
19 Vorgaben für Vergütungsbeauftragte

Daraus ergibt sich für die Klärung von Auslegungsfragen zur InstitutsVergV ein mehrstufiger Ansatz (EBA-Leitlinien –> BaFin-FAQs –> ggfs. alte BaFin-Auslegungshilfe). Die wichtigsten Neuerungen aus den FAQs für die Vergütungspraxis sind:

  • Diverse Verschärfungen für einzelne variable Vergütungselemente (z.B. Abfindungen, unterjährige Leistungsprämien, Konzernbonus, Übergangsgeld)
  • Notwendigkeit, Kategorien von negativen Erfolgsbeiträgen für die Festsetzung der variablen Vergütung zu konkretisieren
  • Voraussetzungen für die Berücksichtigung von ESG-Risiken in der Vergütungsstrategie und den -parametern
  • Erleichterungen beim Absicherungsverbot für öffentlich-rechtliche Sparkassen, Bausparkassen und Geno-Banken, die unter der Aufsicht der deutschen BaFin stehen
  • Instrumente bei nicht-börsennotierten Instituten
  • Vergütungsbeauftragte in bedeutenden Instituten (z.B. Ausnahmen von Exklusivtätigkeit, Anforderungen an Stellvertreter, Inhalte Kontrollbericht, Zusammenlegung Kontrollbericht und Bericht zur Angemessenheitsprüfung nach § 12 IVV)

Finale WpIVergV für Wertpapierinstitute

Bereits seit 2021 gilt der besondere Vergütungsrahmen für Wertpapierinstitute. Im Rahmen der Umsetzung der EU-Vorgaben für Wertpapierinstitute hat der deutsche Gesetzgeber mit dem Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG) und der Wertpapierinstituts-Vergütungsverordnung (WpIVergV) ein eigenes Vergütungsregime für die WpI geschaffen. Der Gesetzgebungsprozess für die WpIVergV zog sich über mehrere Jahre hin. Erst am 12. Januar 2024 ist die finale Version der WpIVergV in Kraft getreten. Die Verordnung ist am 12. Januar 2024 in Kraft getreten, jedoch wurden vom Verordnungsgeber umfangreiche Fristen für die erstmalige Umsetzung der meisten zentralen Anforderungen bis zum Jahresbeginn 2025 eingeräumt.

Im besonderen Fokus der finalen WpIVergV stehen Anforderungen an die Erfolgsmessung und aufgeschobene Auszahlung der variablen Risk Taker-Vergütung (inkl. Instrumente, Malus/Clawback), die Festsetzung des Gesamtbetrags der variablen Vergütung sowie die zugehörigen Governance-Anforderungen. Außerdem werden Vorgaben für besondere Vergütungselemente konkretisiert (Abfindungen, Halteprämien, Garantien, Ausgleichzahlungen bei Neu-Einstellungen).

MaComp BT 8 gegen Interessenkollisionen bei Privatkunden

Am 28. Februar 2024 hat die Bafin ihre Umsetzung der von der ESMA überarbeiteten „Leitlinien zu einigen Aspekten der MiFID II-Vergütungsanforderungen (ESMA35-43-3565 vom 3. April 2023)“ im Rundschreiben MaComp BT 8 veröffentlicht.

In den Anwendungsbereich sind erstmals auch externe natürliche Personen einzubeziehen, die im Rahmen von Auslagerungen für die Wertpapierfirma an der Erbringung von relevanten Leistungen beteiligt sind. Auch ist bei Auslagerungen grundsätzlich zu prüfen, ob das andere Unternehmen konforme Vergütungsgrundsätze anwendet.

Zudem soll unter bestimmten Voraussetzungen eine nachträgliche Anpassung bei der variablen Vergütung möglich sein, um Fehlanreize zu vermeiden. Dies setzt zumindest eine teilweise Aufschiebung der Auszahlung voraus. Auch wenn es sich nur um eine Empfehlung handelt, wird die Diskussion mit Eigentümern, Öffentlichkeit sowie in- und externen Prüfern für die Praxis einen enormen Druck aufbauen, auch diese Elemente, die von der Aufsicht ausdrücklich als Good Practice vorgegeben werden, zu implementieren.

Die MaComp BT 8-Vergütungsanforderungen sind weiterhin nur für Unternehmen beachtlich, die auch Wertpapierdienstleistungen, Anlagetätigkeiten oder Nebengeschäfte erbringen. Für Kreditinstitute, Wertpapierinstitute und Kapitalverwaltungsgesellschaften finden sie parallel zu den jeweils geltenden sektoralen Vergütungsanforderungen (KWG, WpIG, KAGB und ergänzende Rechtsverordnungen) Anwendung. Sofern diese jedoch für einen Sachverhalt Regelungsvorgaben machen, treten die diesbezüglichen Bestimmungen des MaComp BT 8 diesen gegenüber zurück.

Und die Reise geht auch 2025 weiter

Seit dem Beginn der Vergütungsregulierung für Finanzunternehmen hat sich die EBA immer mehr zum Treiber der immer wieder neuen Interventionen entwickelt. Auch in ihrem Work Programme für 2025 (EBA/REP/2024/20) plant sie im Aufsichtsfeld „Governance and Remuneration“ weitere vergütungsbezogene Aktivitäten, z.B.

  • Bericht zum Benchmarking von Vergütungspraxis, High Earner und Gender Pay-Gap für 2023
  • Erarbeitung von Leitlinien für die Durchführung eines verstärkten Dialogs zur Beseitigung von Eignungsproblemen bei Gremienmitgliedern (Konsultationspapier)
  • Aktualisierung der gemeinsamen Leitlinien der EBA und der ESMA zur Bewertung der Eignung von Mitgliedern des Leitungsorgans
  • Erarbeitung eines RTS zu den Informationen und Unterlagen, die den Aufsichtsbehörden zur Durchführung der Eignungsbeurteilung der Mitglieder des Leitungsorgans, der Leiter der internen Kontrollfunktionen und des Chief Financial Officer gemäß CRD vorzulegen sind (Konsultationspapier)
  • Bericht über die Angemessenheit der Vergütungsregelungen in der IFD

Auch der nationale Gesetzgeber plant weitere Verschärfungen: im Rahmen ihrer Wachstumsinitiative 2025 beabsichtigt die Bundesregierung, die Lockerung des Kündigungsschutzes für hochverdienende Risk Taker auf sämtliche Finanzunternehmen auszuweiten. Damit geraten erstmals auch kleine und mittelgroße Kreditinstitute, mittelgroße Wertpapierinstitute, Kapitalverwaltungsgesellschaften und Versicherungen in den Fokus arbeitsrechtlich sensibler Sonderregelungen.

Regulatorik-Knowhow bleibt erfolgskritisch

Die Breite und Tiefe der von den Regulatoren regelmäßig weiterentwickelten aufsichtsrechtlichen Vorgaben zur Angemessenheit der Vergütungssysteme in Finanzunternehmen erfordert einen zeitnahen Knowhow-Transfer für die Praktiker. Immer häufiger dient die Vergütungsregulierung auch als Anknüpfungspunkt für weitere Regulierungsthemen.

Wir beraten Sie gerne zu geeigneten Schulungs- und Tagungsangeboten zu den Neuerungen. Haben Sie Fragen? Vereinbaren Sie einen unverbindlichen Telefontermin mit Werner Klein unter info@compgovernance.de.

InstitutsVergV, Kapitalverwaltungsgesellschaften, Vergütungssysteme Versicherer, WpIVergV

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